Ambient Assisted Living (AAL)

"Intelligenter" Boden registriert Stürze

3. September 2014, 12:43 Uhr | Caspar Grote
Mit dem "intelligenten" Boden lassen sich Stürze sicher erkennen.
© Fraunhofer IGD

Ein vom Fraunhofer Institut IGD entwickelter berührungsempfindlicher Fußboden erkennt von allein, wenn ein Mensch ihn betritt. Integriert in ein AAL-System unterstützt die Technik beipielsweise Alzheimerpatienten oder löst bei einem Sturz Alarm aus.

Die Basis des berührungsempfindlichen Bodens "CapFloor" ist ein Gitter aus einfachen Drähten, das unter dem Parkett oder Teppich montiert wird. Die Drähte sind von einem sehr schwachen elektrischen Feld umgeben. Bewegt ein Mensch seinen Fuß hindurch, ändert sich das elektrische Feld in diesem Bereich. Für die Gesundheit ist dies risikolos: Während zum Beispiel Touchpads in Laptops mit Spannungen von bis zu 20 Volt arbeiten, nutzt CapFloor lediglich etwa eineinhalb Volt.

»Mitte kommenden Jahres wollen wir CapFloor in Kooperation mit einem Industrieunternehmen als Produkt auf den Markt bringen«, sagt Dr. Reiner Wichert vom Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD in Darmstadt. Unter seiner Leitung hat ein Forscherteam die intelligente Trittfläche entwickelt.

»Zunächst wollten wir erkennen, ob ein Mensch gestürzt ist«, sagt Wichert. »Doch uns wurde schnell klar, dass ein solches System mehr kann.« So lässt sich die Technik einfach im bestehenden Schaltschrank mit der Gebäudetechnik verbinden, etwa mit der Licht- oder Heizungssteuerung. Betritt eine Person einen Raum, geht das Licht von alleine an. Verlässt sie das Zimmer, erlöscht das Licht wieder. Zudem fährt automatisch die Raumheizung herunter, wenn sich länger niemand im Raum aufhält. Weitere Funktionen sind Warnmeldungen per SMS: zum Beispiel, wenn Kleinkinder nachts das Bett verlassen oder wenn sich im Haus länger nichts mehr bewegt hat und der Herd trotzdem noch eingeschaltet ist.

Grundlage von CapFloor ist eine komplexe Software, welche die verschiedenen technischen Komponenten miteinander verknüpft – das Schließsystem, die Lichtanlage oder die elektrischen Geräte. »Erst dadurch werden all die Funktionen denkbar«, so Wichert. Das Besondere ist, dass die im Boden verbaute Technik auf ein Minimum reduziert ist. Während andere Systeme mit schwer wartbarer Elektronik unter dem Boden arbeiten, sind es bei der CapFloor-Technik lediglich einfache Drähte. Die Sensoren verschwinden am Rande des Raums in der Fuge unter der Fußleiste, der Anschluss an das Drahtgeflecht erfolgt über Klickstecker. Pro Zimmer ist dann nur noch ein kleines Gerät nötig, das die Sensorsignale verarbeitet und zum zentralen Schaltschrank leitet. Dort ist auch eine kleine Verarbeitungseinheit verbaut, die Stürze erkennt und Hilfe rufen kann. Somit bleiben alle gesammelten Daten innerhalb des Hauses.

In einem Pilotprojekt werden aktuell über 30 Appartements und Wohngemeinschaften für Demenzkranke mit der Technik ausgestattet. Das System erkennt, ob eine Person durch den Raum geht oder ein Haustier vorüberhuscht. Stehen die Bewohner nachts auf, um zur Toilette zu gehen, schaltet sich das Licht automatisch ein, sobald der Fuß den Boden berührt. Zu CapFloor gehört ein Notfallsystem mit verschiedenen Stufen. Bleibt eine Person länger regungslos liegen, weil sie eventuell bewusstlos ist, beginnt das Licht in der Wohnung zu blinken. Reagiert der Bewohner nicht und schaltet es nicht aus, werden nacheinander zunächst Angehörige, Nachbarn und schließlich der Notdienst per Telefon oder SMS alarmiert.

schwer wartbare Elektronik

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