Digitalisierung im Krankenhaus

IT-Abteilungen fehlen Milliarden

13. September 2018, 18:00 Uhr | KH-IT
Sparschwein (Symbolbild)
© Pixabay

Digitalisierung in Schieflage: Nach einer aktuellen Erhebung vom Bundesverband der Krankenhaus-IT Leiterinnen und Leiter e.V. (KH-IT) fehlen den IT-Abteilungen deutscher Krankenhäuser fast 12 Mrd. Euro. Darüber hinaus könnte die Digitalisierung auch am Fachkräftemangel scheitern.

Das Thema IT-Budget im Krankenhaus stellt für die IT-Leitungen seit Jahrzehnten eine enorme Herausforderung dar. Dabei besteht unisono Einigkeit darüber, dass die Krankenhaus-IT an einer deutlichen und chronischen Unterversorgung mit finanziellen Mitteln leidet. Ungeachtet dieser großen Problematik lagen bis jetzt keine belastbaren Zahlen zur quantitativen Abschätzung vor.

Nach einer aktuellen, vom Bundesverband der Krankenhaus-IT Leiterinnen und Leiter e.V. (KH-IT) durchgeführten Erhebung fehlten im Bezugsjahr 2017 insgesamt 1,6 Mrd. Euro (davon 1,1 Mrd. Euro nicht genehmigte Investitionsbedarfe für Endgeräte, klinische Systeme, Server, Netzwerk etc.). Neben dem Investitionsstau fehlen auch finanzielle Ressourcen für den IT-Betrieb im Krankenhaus sowie die Einstellung von IT- Fachkräften. So sehen die IT-Leitungen den Bedarf von zusätzlichen 2688 Fachkräften auf Vollzeitbasis um die gewollte Digitalisierung überhaupt umsetzen zu können. Wobei die Herausforderung ist, diese Kräfte zu finden und zu bewegen sich mit dem Tarifgefüge der Krankenhäuser zufrieden zu geben. Hochgerechnet auf die kommenden fünf Jahre ergibt sich ein Finanzierungsdefizit in der Krankenhaus-IT von 11,6 Mrd. Euro.

Dabei wurde in der Erhebung lediglich nach der Finanzierungslücke zwischen genehmigtem und aus IT- Leitungssichtnotwendigem IT-Budget gefragt. Die Erhebungsergebnisse bilden demnach tendenziell den Fehlbetrag für die IT-Mindestausstattung in deutschen Krankenhäusern ab. Das Finanzierungsdefizit wäre nach Meinung des Verbands mit Sicherheit um ein Vielfaches höher, würde man den eigentlich wünschenswerten, möglichst hohen IT-Reifegrad (gemessen an optimal unterstützten klinischen Versorgungsprozessen) mit in die Berechnung einbeziehen. Ganz abgesehen von den zukünftigen Kosten der digitalen Transformation im Krankenhaus (Body Electronic, Artificial Intelligence, Robotic etc. etc.).

Aus Anwendersicht besteht schon jetzt dringender Handlungsbedarf. Eine wissenschaftliche Studie ergab bereits im Jahr 2016 kritische Zufriedenheitswerte bei den Anwendungssystemen im klinischen Alltag (insbesondere der Ärztliche Dienst beklagte deren geringe Usability) [1]. Die bedenklichen Ergebnisse der vom KH-IT Bundesverband initiierten Studie, wurden im darauffolgenden Jahr von einer Umfrage des Marburger Bundes [2] sowie kürzlich von einer breit angelegten Erhebung von Deloitte & Philips bestätigt [3]. Die Potentiale der Digitalisierung im Krankenhaus sind ohne Frage herausragend. Leider müssen Mediziner und Pflegekräfte im klinischen Alltag nicht selten mit unzulänglicher Technik arbeiten. Natürlich ist das fehlende Geld nicht die einzige Ursache: ein Oligopol von Krankenhaus-IT Providern mit unflexiblen, veralteten Systemen oder die hoch komplexen klinischen Prozesse wären hier zu nennen.

Allerdings ohne die Bereitstellung der fehlenden 11.6 Mrd. Euro zur Sicherstellung eines stabilen Krankenhaus-IT Betriebs in den nächsten fünf Jahren erscheinen diese Einflussfaktoren nach Meinung des KH-IT zweitrangig. Mit Blick auf die klammen Krankenhausbudgets könne kaum davon ausgegangen werden, dass die Geschäftsführungen die prekäre Situation aus eigener Kraft bewältigen.

(me)

Quellen

[1] Simon A (2016): KH-IT Anwenderfragebogen. Zentrale Ergebnisse und Referenzwerte zur Erhebungder IT-Anwenderzufriedenheit in 28 Krankenhäusern, Landau: Bundesverband der KH-IT LeiterInnen

[2] Marburger Bund (2017): Digitalisierung im Krankenhaus. Bundesweite Umfrage unter Mitgliedern des Marburger Bundes

[3] Deloitte & Philips (2018): Krankenhausinformationssysteme in Deutschland. Analyse einer Befragung vonEntscheidern in Kliniken sowievon KIS-Anwendern und Patienten

 

 

 


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