Blutfluß-Analyse

Kommt da ein Glaukom?

21. Mai 2014, 15:10 Uhr | Marcel Consée
Ein vom FWF gefördertes Projekt der Medizinischen Universität Wien zeigt den Blutfluß in der Netzhaut
© Rene Werkmeister

Steht das Auge unter zu hohem Druck, können irreversible Schäden am Sehnerv die Folge sein. Neben dem Augendruck scheint auch der Blutfluß durch die Netzhaut Einfluss zu besitzen, der sich nun auch vermessen lässt.

Der Zusammenhang von Blutfluss in der Netzhaut und der Entwicklung eines Glaukoms kann jetzt exakt gemessen werden. Dies wurde durch Fortschritte bei der optischen Kohärenztomographie möglich. Diese erlaubt die visuelle Beurteilung der Netzhaut und wurde so zu einem wichtigen Diagnoseinstrument, kann jedoch keine Daten zur Funktion der Netzhaut erheben. Mit Unterstützung des Wissenschaftsfonds FWF gelang es einem Team der Medizinischen Universität Wien (MUW), diese Technik deutlich weiterzuentwickeln. So sind Messungen des Blutflusses möglich geworden. In einer Vergleichsstudie wird nun die Bedeutung dieses Wertes für die Entwicklung eines Glaukoms ermittelt.

Konkret leiden Nervenzellen der Netzhaut unter einem erhöhten Augendruck (Glaukom oder Grüner Star). Dabei kommt es zu einem irreversiblen Schaden am Sehnervenkopf, dem Untergang von Nervenzellen und dem Verlust des Gesichtfeldes. Ein erhöhter Augendruck führt aber potenziell auch zu einer verminderten Durchblutung des Gewebes. Inwieweit dieser Mechanismus am Absterben von Nervenzellen beteiligt ist, ist umstritten. Als Hauptursache dafür gilt zwar hoher Augendruck, doch mehren sich Hinweise, dass auch der Blutfluss in der Netzhaut (der retinale Blutfluss) ursächlich sein kann. Dessen Untersuchung scheiterte bisher aber an zuverlässigen Messmethoden. Das Team der MUW änderte das mithilfe des Wissenschaftsfonds FWF und beginnt nun eine erste Studie dazu.

Zu der Studie meint deren Leiter Prof. Leopold Schmetterer vom Zentrum für Medizinische Physik und Biomedizinische Technik der MUW: »Erstmals werden wir bei Glaukom-Betroffenen den absoluten retinalen Blutfluss messen können. So überprüfen wir die Hypothese, dass bei Glaukom der Blutfluss in der Netzhaut reduziert ist. Gleichzeitig werden wir die von uns entwickelte Technologie evaluieren – insbesondere ihre Eignung für die langfristige Analyse des Blutflusses bei einzelnen Betroffenen.«

Das von Prof. Schmetterer und seinem Team optimierte Verfahren nennt sich »Fourier-Domain Optische Doppler Kohärenztomographie« (FDOCT) und stellt eine Weiterentwicklung der optischen Kohärenztomographie (OCT) dar. Neben der Erfassung von Schnittbildern der Netzhaut ist nun eine Quantifizierung des Blutflusses möglich. Ergänzt mit weiteren Optimierungen durch das Team von Prof. Schmetterer kann die Methode nun den absoluten Blutfluss in der Netzhaut erfassen und so erstmals Information über dessen Einfluss auf ein Glaukom liefern.

Jetzt wird die Technologie in einer Vergleichsstudie mit über 80 TeilnehmerInnen kritisch evaluiert. Dazu wird der Blutfluss in der Netzhaut von Glaukom-PatientInnen mit dem von gesunden ProbandInnen verglichen. Doch noch weitere Aspekte des Glaukoms werden untersucht, wie Prof. Schmetterer erläutert: »Zusätzlich wird analysiert, ob bei einem Glaukom die Selbstregulation des Blutflusses in der Papille gestört ist.«

Tatsächlich können die Gefäße der Netzhaut den Blutfluss autonom regulieren. So ist sichergestellt, dass bei einem Abfall des Blutdrucks die Versorgung der Netzhautzellen mit Sauerstoff nicht verändert wird. Ob diese Selbstregulierung bei Glaukom-PatientInnen gestört ist, war bisher nicht festzustellen. Dank der technischen Weiterentwicklungen durch das Forschungsteam hat sich das aber geändert.

Unterstützung erhält diese medizinisch wichtige Studie aus dem Programm KLIF (Klinische Forschung) des FWF. Dieses hat u. a. die Optimierung von diagnostischen und therapeutischen Verfahren als Zielsetzung. Ein Ziel, das mit der Evaluierung der FDOCT im Rahmen einer klinischen Studie erreicht werden kann und das damit dazu beiträgt, eine der führenden Erblindungsursachen in Industrienationen besser zu therapieren.


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