Vielseitiges Bewegungstalent

Medikamententaxi mit magnetischem Antrieb

26. Januar 2018, 8:30 Uhr | Max-Planck-Gesellschaft
Nur vier Millimeter ist der Silikonstreifen lang, der den Körper des besonders beweglichen Milliroboters bildet.
© MPI für Intelligente Systeme

Winzige Roboter brauchen künftig keinen Hindernisparcours mehr zu scheuen. Dank magnetischer Antriebe können sie nun auch durch unwegsames Terrain krabbeln, laufen, rollen und sogar Lasten transportieren.

Es ist die Beweglichkeit, die den Milliroboter auszeichnet. Das winzige Vehikel, ein gerade einmal vier Millimeter langer Streifen elastischen Silikons, lässt sich in verschiedenen Fortbewegungsarten betreiben, sodass sich der Milliroboter sogar durch eine komplexe Umgebung manövrieren lässt. Bisherige Kleinstroboter können sich dagegen nur eingeschränkt fortbewegen, und stoßen vor allem auf unwegsamem Terrain an ihre Grenzen.

Entwickelt wurde das Bewegungstalent am Planck-Institut für Intelligente Systeme. Anregungen holten sich die Wissenschaftler aus der Natur: »Wir schauen uns beim Bau von Robotern die Mechanik beim Bewegungsablauf zum Beispiel von Insekten an und lassen uns davon inspirieren«, sagt Metin Sitti, Direktor der Abteilung für Physische Intelligenz. Das Ergebnis sei eine Mischung aus mehreren weichen Lebewesen wie Käferlarven und Raupen, aber auch ein Spermatozoid und eine Qualle standen Modell.

Erste Tests in eine Magenattrappe und Hühnerfleischgewebe

Die unterschiedlichen Bewegungen kann der Roboter ausführen, weil die Wissenschaftler in seinen weichen Silikonkörper magnetische Partikel eingebettet haben, und zwar so dass sich ein genau definiertes Profil der Magnetisierung ergibt. So können ihn die Forscher durch ein externes Magnetfeld antreiben und steuern.

Indem sie die Stärke und die Richtung des Magnetfeldes variieren, verformen sie den Silikonstreifen auf unterschiedliche Weise. So kann der Milliroboter einen Hindernisparcours absolvieren, wie er ihm auch im menschlichen Körper begegnen würde: Er kann auf Oberflächen laufen oder rollen, über Hindernisse springen, durch enge Röhren krabbeln und auf oder in einer Flüssigkeit schwimmen. Zudem kann er Objekte greifen, transportieren und gezielt ablegen.

Den Milliroboter testete Sittis Team in einer synthetischen Magenattrappe und in Hühnerfleischgewebe, wo sich der synthetische Mehrkämpfer laut eigener Aussage bestens schlug. Wenn die Forscher ihn dabei nicht direkt beobachten konnten, verfolgten sie mit Ultraschall, wo und wie genau der Roboter sich seinen Weg bahnte.

Der Milliroboter soll Medikamente transportieren

»Uns schwebt vor, dass unser Milliroboter eines Tages Medikamente dorthin transportiert, wo sie gebraucht werden – ähnlich einer Paketlieferung an die Haustür«, sagt Sitti. Er und sein Team wollen ihn bei minimalinvasiven Eingriffen am Patienten einsetzen: entweder, indem der Patient den Roboter schluckt oder wir ihn durch eine kleine Öffnung in der Haut in den Körper einführen. Von dort könne sich der Roboter dann durch den Verdauungstrakt bewegen oder durch die Blase, oder bis zum Herz.

Die Forschung an mobilen Kleinstrobotern, die in der Zukunft in der Medizin zum Einsatz kommen könnten, nimmt in der Abteilung für Physische Intelligenz eine zentrale Rolle ein. Die Hoffnung der Max-Planck-Forschern ist groß, dass sich nicht-kabelgebundene, mobile Roboter eines Tages in der Medizin etablieren und in der Chirurgie neue Möglichkeiten eröffnen werden.

Mittels solcher Milliroboter hätte ein Chirurg nämlich direkten Zugang und die genaue Kontrolle in Bereichen des Körpers, die er heute nur mit dem Skalpell vordringen kann. »Ohne chirurgischen Eingriff ist es in vielen Bereichen des Körpers aktuell nicht möglich, sich Zugang zu verschaffen. Unser Ziel ist es, mit unserem weichen Milliroboter diese Regionen nicht-invasiv erreichbar zu machen, um eine Diagnose erstellen und eine Therapie vornehmen zu können«, so Sitti weiter.

Bis es soweit ist, sind aber noch große Herausforderungen zu bewältigen: So muss der Roboter beweisen, dass er sich auch durch den menschlichen Körper steuern lässt. Doch die Forscher sind zuversichtlich, dass sie diese Hürden nehmen können. (me)

 

 

Problemlos durch einen Hindernisparcours: Der Milliroboter geht, kriecht, schwimmt, klettert eine Stufe hoch und springt durch eine komplexe Umgebung.
Problemlos durch einen Hindernisparcours: Der Milliroboter geht, kriecht, schwimmt, klettert eine Stufe hoch und springt durch eine komplexe Umgebung.
© MPI für Intelligente Systeme

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