Kostengünstiges Augen-Screening

Smartphones im Kampf gegen die Blindheit

19. Oktober 2017, 10:39 Uhr | Universitätsklinikum Bonn
Ein zusätzliche Linse verwandelt das Smartphone in einen indirekten Augenspiegel.
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In Südindien ist rund jeder zehnte Mensch zuckerkrank. Davon leidet etwa jeder Dritte an einer so genannten diabetischen Retinopathie, die unbehandelt zur Erblindung führen kann. Ein neues Screening-Verfahren soll das verhindern. Der Schlüssel dazu ist ein Smartphone mit modifizierter Kamera.

2.000 Aufnahmen der Netzhaut, 400 untersuchte Augen in 13 Screening-Camps und bei etwa jedem Fünften eine neu diagnostizierte Retinopathie – das ist die Bilanz des vierwöchigen Aufenthaltes Dr. Maximilian Wintergerst, Augenarzt aus Bonn, in Südindien. »Der erhöhte Zuckergehalt im Blut bei Diabetes schädigt kleine Blutgefäße im Auge, unbehandelt eine Gefahr für die Sehkraft«, erklärt der Mediziner vom Universitätsklinikum Bonn.

Allerdings haben die meisten Menschen in Indien nur schwer Zugang zu einer medizinischen Versorgung. » Ein erschwingliches und leicht durchführbares Screening-Verfahren zur Früherkennung wäre sehr hilfreich«, so Wintergerst. Daher besuchte er jetzt für die Pilotstudie seiner Klinik den Kooperationspartner, das Sankara Eye Center in Bangalore. Im Gepäck hatte der Bonner Augenarzt Smartphones und spezielle Aufsätze. Damit hat er vor Ort schnell und leicht ein funktionierendes Ophthalmoskop zur Hand.

Umrüstung eines Smartphones für weniger als ein Euro

„Bei dem Screening nutzen wir die Kamera des Smartphones, um ins Auge zu sehen“, sagt Wintergerst. Bei zwei der mitgebrachten Mobiltelefone fokussieren zwei unterschiedliche Adapter den Strahl vom Kamera-Blitzlicht so, dass beide Geräte als direktes Ophthalmoskop eingesetzt werden können.

Bei einer anderen Variante verwandelt eine zusätzliche Linse das Smartphone in einen indirekten Augenspiegel, bei dem der Betrachter ein vergrößertes, aber umgekehrtes Bild der Netzhaut sieht. Die Kosten liegen jeweils bei wenigen hundert Euro.

Einen noch viel günstigeren Ansatz, um direkt mit einem Lichtstrahl ins Auge sehen zu können, entwickelten die Augenärzte am Sankara Eye Center in Bangalore selbst. Dazu bringen sie anstelle eines Adapters ein kleines LED-Licht ganz dicht an die Kamera des Mobiltelefons an. »Zusätzlich zu dem Smartphone und der LED brauchen sie nur eine Batterie und ein Klebeband für etwa 50 Rupien, also weniger als 1 Euro«, sagt Dr. Wintergerst.

Jeder der vier Varianten ist schnell und einfach zusammengebaut, sodass geschultes, nicht-ärztliches Personal fernab eines medizinischen Zentrums Aufnahmen von einer Netzhaut machen kann. Ein Augenarzt kann die Bilder dann später auswerten.

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Dr. Maximilian Wintergerst (2. v li) und sein indischer Kollege Dr. Mishra (1. v li) mit dem Team des Sankara Eye: Im Gepäck hatte der Augenarzt aus Bonn Smartphones und spezielle Aufsätze.
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»Bei dem Screening nutzen wir die Kamera des Smartphones, um ins Auge zu sehen«, erklärt Wintergerst. Bei zwei der mitgebrachten Mobiltelefone fokussieren zwei unterschiedliche Adapter den Strahl vom Kamera-Blitzlicht so, dass beide Geräte als direkt
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Bei einer anderen Variante verwandelt eine zusätzliche Linse das Smartphone in einen indirekten Augenspiegel, bei dem der Betrachter ein vergrößertes, aber umgekehrtes Bild der Netzhaut sieht. Die Kosten liegen bei allen drei Varianten bei unter hund
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  1. Smartphones im Kampf gegen die Blindheit
  2. Smartphone-Ophthalmoskop auf dem Prüfstand

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