Simulationsverfahren

Virtuelle Zahnpflege

14. März 2016, 11:19 Uhr | Marcel Consée
Simulation der Druckverteilung bei unterschiedlich viskoser Suspension mit kugelähnlichen Abrasivpartikeln, wenn ein Zahnbürstenfilament über den Zahnschmelz streicht: Die viskosere Zahnspastasuspension bewirkt eine stärkere Abreibung auf dem Zahnschmelz.
© Fraunhofer IWM

Zahnpasten und -bürsten zu entwickeln, ist zeitraubend: Zahlreiche Proben müssen hergestellt und untersucht werden. Mit einer neuartigen Simulation lassen sich die verschiedenen Parameter wie etwa die Form der Borsten oder die Größe der Putzkörper mit einem Klick ändern.

Welche Bürsten die Zähne am gründlichsten reinigen und den Zahnschmelz dabei möglichst schonen, konnten die Hersteller bisher nur durch Experimente abschätzen. Ebenso verhält es sich bei den scheuernden, sprich abrasiven Partikeln – den Putzkörpern – in den Zahnpasten. Verschiedene Pasten mit unterschiedlichen Partikeln mussten angerührt und auf künstlichem Zahnschmelz untersucht werden – eine aufwändige Angelegenheit. Ein weiteres Manko: Da sich nur das Gesamtsystem Zahnbürste, Zahnpasta und Zahnschmelz untersuchen lässt, können die Produzenten mit Hilfe dieser Experimente schwer beurteilen, welchen Einfluss jeder einzelne Parameter ausübt.

ne neuartige Simulation schafft Abhilfe. Entwickelt wurde sie von Forscherinnen und Forschern des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM in Freiburg. »Mit unserem Verfahren können Hersteller von Zahnpflegeprodukten schnell, kostengünstig und zuverlässig erfassen, welchen Einfluss die jeweiligen Faktoren auf die Reinigung haben«, sagt Dr. Christian Nutto, Wissenschaftler am IWM.

»Anders als im Experiment lassen sich die einzelnen Parameter in der Simulation einfach variieren – sei es die Größe, die Form oder auch die Menge der abrasiven Partikel in der Zahnpasta, sei es das Material, aus dem sie bestehen, oder die Form und die Elastizität der Bürstenfilamente. Wir können die Untersuchungen viel breiter anlegen, als dies bei realen Tests möglich wäre – was sich in der Qualität der Produkte bemerkbar macht.«

Welche Auswirkungen haben Form und Steifigkeit der Zahnbürstenfilamente beim Putzen? Wie wirken sich unterschiedliche Putzkörper und die Viskosität, also die Zähigkeit der Zahnpasta, auf Zahnschmelz und das eigentliche Angriffsziel aus: den Biofilm auf den Zähnen? Solche Fragen kann die Simulation zuverlässig beantworten – und zwar lange bevor die Hersteller die Zahnpasta angerührt haben.

Christian Nutto setzt dabei auf die am IWM entwickelte Simlationssoftware »SimPARTIX«, welche die Partikelsimulationsmethode »Smoothed Particle Hydrodynamics« verwendet, kurz SPH. »Wir geben dabei Eigenschaften wie Fließfähigkeit, Dichte, Form und Füllfaktor der Abrasivpartikel vor«, erläutert Nutto. Auch Parameter für den Zahnschmelz werden berücksichtigt. Das virtuelle Zahnbürstenfilament streicht dann über den Zahnschmelz: Die Simulation ermittelt, wie die scheuernden Partikel mit dem elastischen Filament wechselwirken. Zudem berechnet sie die Reinigungswirkung und wie aggressiv die Abrasivpartikel auf den Zahnschmelz wirken.


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