PoC-BoSens-Plattform

Multi-Diagnose auf einen Streich

29. März 2022, 14:51 Uhr | Fraunhofer IZM
© Fraunhofer IZM

Photonik ermöglicht in 15 Minuten die Diagnose mehrere Krankheiten gleichzeitig.

Die COVID-19-Pandemie hat erneut gezeigt, wie wichtig eine schnelle, erschwingliche und skalierbare Diagnostik von Infektionskrankheiten ist. Sowohl bei neuartigen Krankheiten als auch bei solchen, die schon seit Jahrzehnten analysiert und therapiert werden, führt der Mangel an wirksamen und frühzeitig einsetzbaren Diagnoseinstrumenten jedes Jahr zu Millionen von vermeidbaren Todesfällen.

Krankheiten in 15 Minuten erkennen

In dem vom Fraunhofer IZM koordinierten Projekt »PoC-BoSens« hat ein internationales Konsortium ein optofluidisches, patient:innennahes Diagnostiksystem für zellbasierte Proben entwickelt. Der Multi-Tst ermöglicht die quantitative Bestimmung unterschiedlicher Biomarker für mehrere Infektionskrankheiten in weniger als 15 Minuten.

Im Gegensatz zu anderen Diagnosetechnologien, die in ihrer Zuverlässigkeit, Größe oder Erschwinglichkeit oft eingeschränkt sind, punkten photonische Sensorplattformen durch hohe Empfindlichkeit, Kompaktheit und Multiplex-Fähigkeiten für den schnellen und verlässlichen Nachweis von Infektionskrankheiten am Point-of-Care.

Mikrofluider Transport von Flaschenmikroresonatoren

Die Technologie hinter der neuartigen PoC-BoSens-Plattform besteht aus einer erstmaligen Kombination neuartiger, photonischer Flaschenmikroresonatoren aus Glasfasern und einem mikrofluidischen System zum Transport der Testproben. Flaschenmikroresonatoren zählen zu einer Klasse von photonischen Strukturen, die sich durch exzellente Sensitivität und sehr hohe Kompaktheit auszeichnen und sich daher für eine multiplexfähige, schnelle Detektion von Zielmolekülen in beispielsweise PoC-Anwendungen sehr gut eignen. Allerdings waren Integrationslösungen zuvor weder für solche Flaschenresonatoren noch für andere dreidimensionale, optische Mikroresonatoren verfügbar, was ihren Einsatz bislang verhindert hat.

Photonischer Chip für Tuberkulose und Q-Fieber

Genau hier setzte das Forschungsteam an: Der erste Biosensor-Prototyp zeigt die erfolgreiche Demonstration der Integration einer praktischen Chip-Kartusche basierend auf vier Mikroflaschenresonatoren. Mit Hilfe von halbautomatischen Werkzeugen wurden diese Mikrostrukturen auf einem photonischen Chip mit hoher Präzision von unter einem Mikrometer eingebracht. In einem zweiten Schritt wurde der hybride photonische Chip mit einem Mikrofluidik-Chip verbunden. Eine solche optofluidische Konfiguration eignet sich hervorragend für eine mehrkanalige Detektion von Zielmolekülen. Ein kompletter Integrationsprozess eines Arrays von Mikroflaschen auf einem Chip ist aufgrund seiner Komplexität noch nie durchgeführt worden.

Das Projektteam am Fraunhofer IZM ist dieses Wagnis eingegangen: Der assemblierte Chip kann nun mit dem Auslesesystem kombiniert werden, um Zytokine als Zielmoleküle in der PoC-BoSens-Plattform zu analysieren. Zytokine bilden eine vielfältige Gruppe von Eiweißen, die eine wichtige Rolle sowohl bei Krankheitserregern von Tuberkulose und Q-Fieber als auch im Immunsystem spielen. So steuern und koordinieren sie die Abwehr von Krankheitserregern und sind deshalb mitverantwortlich dafür, dass eine Immunreaktion erfolgreich abläuft. Weitere Anwendungen könnten dem Nachweis von Antikörpern dienen, die bei Zöliakie und anderen Krankheiten relevant sind, bei denen schnelle Diagnose- und Überwachungstests unerlässlich sind.

Zertifizierung und Skalierung

Dr. Alethea Vanessa Zamora Gómez vom Fraunhofer IZM sagt: »Zu den nächsten Schritten auf dem Weg zur Kommerzialisierung der Plattform gehören daher die Hochskalierung der optofluidischen Kartusche und der Ausleseeinheit, die klinische Verifizierung und die Validierung für die CE-Kennzeichnung«.

Die beteiligten Partner aus vier verschiedenen Ländern stammen aus dem akademischen Bereich und der Industrie: Fraunhofer IZM (GER), Austrian Institute of Technology (AUT), Scuola Superiore Sant'Anna (IT), MDX Devices GmbH (GER), ifU Diagnostic Systems GmbH (GER), Diarect AG (GER), SCIENION GmbH (GER), Syel S.R.L. (IT) und Unitive Design & Analysis Ltd (UK). Das Bundesministerium für Bildung und Forschung förderte das Projekt PoC-BoSens im Rahmen der transnationalen Förderinitiative »Photonics Based Sensing ERA-NET Cofund (PhotonicSensing)«. Die Projektlaufzeit war vom 1. April 2018 bis 31. Dezember 2021, das Projektvolumen betrug ca. 2,4 Mio. Euro. (uh)
 


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