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Frühchen per Schweiß-Patch überwachen

21. Juni 2022, 17:29 Uhr | Ute Häußler
© Hush Naidoo Jade

Statt Blutabnahme: Schlaues Pflaster überwacht Frühgeborene über elektrochemische Ionensensoren, kombiniert mit Auslese- und Datenverarbeitungselektronik.

Bei Frühgeborenen treten häufig Elektrolytstörungen auf, da bei ihnen für gewöhnlich die
körpereigenen Regulationsmechanismen noch nicht vollständig ausgebildet sind. Auf Abweichungen von den tolerierten Natrium-, Kalium- und Chloridwerten muss das Pflegepersonal zeitnah reagieren, um lebensbedrohliche Zustände zu vermeiden. Routine ist daher aktuell zwei bis drei Mal täglich eine Blutabnahme, um mit labormedizinischen Methoden sogenannte Blutgasanalysen zur Feststellung der aktuellen Werte durchzuführen. Für die Neugeborenen ist dies belastend – ebenfalls für das Pflegepersonal, da der Prozess zeitintensiv ist.

Schweiß über smarte Patches analysieren

Ein neues Forschungsprojekt "PreeMo" (Früherkennung von Elektrolytstörungen durch nichtinvasives, kontinuierliches Monitoring bei Frühgeborenen) des Südklinikums Nürnberg, der Fraunhofer-Gesellschaft München, Innovation Lab, Systemtechnik Leber (Koordinator) und weiteren Firmen will jetzt die die mobile Detektion von Hyper- und Hyponatriämien über den Körperschweiß aufzeigen. Die Diagnostik soll über smarte Patches oder kleine medizinische Wearables umgesetzt werden, die eigentliche Messung durch einen Elektrolyt-Multisensor aus aufeinander abgestimmten Einzelkomponenten.

Im Fokus steht die Erkennung von Veränderungen im Elektrolythaushalt von Frühgeborenen durch nicht-invasives und kontinuierliches Monitoring, das den Kleinen eine mehrfache Blutabnahme am Tag erspart. Ermöglichen soll dies ein im Idealfall textilintegriertes Sensoriksystem. Kern der Lösung ist die Kombination aus elektrochemischen Ionensensoren sowie ergänzender Auslese- und
Datenverarbeitungselektronik.

Datenübertragung via Bluetooth Low Energy

Während das Südklinikum für die Festlegung der relevanten Messwerte verantwortlich zeichnet, prüft der beteiligte Sensorhersteller Kob, ob der bereits in der Sportwelt erfolgreich eingesetzte ausgewählte Sensor auch auf den Schweiß von Neugeborenen anspringt, und die Leber Ingenieure, wie auf minimalem Raum eine sichere Stromversorgung gewährleistet werden kann. Ebenfalls wird geprüft, wie dabei der Energieverbrauch optimiert und auf lange Laufzeiten angepasst werden kann.

Zusätzlich in den Aufgabenbereich der Elektronikspezialisten fällt die Sicherstellung einer
durchgehend zuverlässigen Datenauswertung über einen Monitor. Voraussetzung dafür ist eine präzise Einstellung und anschließend konstante Bereitstellung der Stromspannung. In welchen Intervallen die Messwerte erhoben werden, soll vom medizinischen Personal selbst festgelegt werden. Auf diese Weise kann im Ernstfall das Messintervall temporär deutlich verkürzt werden. Die Datenübertragung soll über Bluetooth Low Energy erfolgen.

Die Frühchen profitieren

Die Vorteile im klinischen Alltag liegen auf der Hand: während den Frühgeborenen der Stress der invasiven Diagnostik erspart bleibt und das Pflegepersonal zeitlich kaum mehr gebunden ist, steigt durch die permanente Überwachung gleichzeitig die Reaktionsgeschwindigkeit in Ernstfall. Die Patientensicherheit soll auf diese Weise deutlich erhöht werden. Der erste Demonstrator des medizinischen Wearables soll im Sommer 2022 vorliegen, anschließend sollen Machbarkeitsstudien mit Proband:innen und Patient:innen folgen. (uh)

 

 

 


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