Für intelligente Prothesen

Mini-Antriebe verbessern das Gleichgewicht

16. August 2022, 12:53 Uhr | Nicole Monaco
© Portescap

Mikroprozessoren in Kombination mit Miniaturantrieben steuern Prothesen dynamisch, ahmen die menschlichen Reflexe nach und verbessern so den Gang.

Standardprothesen für die Beine sind passiv, d. h. sie können nicht das nötige Feedback geben, um die motorischen Fähigkeiten und das Gleichgewicht zu verbessern. Mikroprozessoren in Kombination mit Miniaturantriebstechnologien helfen Prothesen dynamisch zu steuern.

Für Menschen mit Amputationen der unteren Gliedmaßen können Prothesen eine effektive Möglichkeit sein, die Mobilität wiederherzustellen. Moderne Beinprothesen werden aus leichten Materialien hergestellt, die das Gehen erleichtern und für manche sogar Aktivitäten wie Rennen möglich machen. Trotz dieser Fortschritte ermöglichen es die meisten Beinprothesen ihren Trägern nicht, sich mit einem medizinisch akzeptierten normalen Gangbild, den sogenannten Gangphasen, zu bewegen. Dies kann eine Herausforderung für das Gleichgewicht darstellen, insbesondere beim Gehen auf unebenem Boden oder an Steigungen, sowie für die Fähigkeit, schnell auf Änderungen der Geschwindigkeit oder Richtung zu reagieren.

Aktiv die Gangphasen nachahmen

Bei einer normalen Gangphase läuft die Kommunikation vom Gehirn zum Rückenmark und dann weiter zu den Nerven und Muskeln. Etwa 20 Mal pro Sekunde interagieren Reflexschleifen zwischen Muskeln, Nerven und Gehirn, um die erforderlichen motorischen Fähigkeiten zu steuern. Standardprothesen sind nicht in der Lage, diese geschlossene Reflexschleife zu ersetzen, sodass passive Prothesen dem Benutzer ein weniger natürliches Gefühl vermitteln, was in der Regel zu einer weniger effektiven Mobilität führt.

Jetzt haben Prothesen eine aktive Kapazität, die die natürliche Gangphase besser nachbildet. Die im Knie und/oder im Knöchel platzierten Sensoren sind mit einem Mikroprozessor verbunden, der in die Beinprothese integriert ist. Dadurch entsteht ein geschlossener Regelkreis mit verschiedenen bedingten Eingaben, die der Mikroprozessor zur Steuerung der integrierten Hydraulik verwendet, die einige der menschlichen, motorischen Funktionen ersetzt.

Das Ergebnis ist eine natürlichere und effektivere Reaktion. Träger aktiver Beinprothesen berichten von einer erhöhten Mobilität, einem besseren Gleichgewicht und einem natürlicheren Gang sowie der Wiedererlangung anderer Fähigkeiten wie dem Rückwärtsgehen.

Prothesen Antriebe Technologie
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Miniatur-Gleichstrommotortechnologie

Aktive Beinprothesen sind während der gesamten Gangphase auf hydraulische Dämpfer angewiesen. Dazu gehören die Standphase, in der der Fuß den Boden berührt, sowie die Schwungphase, in der das Bein abgehoben wird. Die hydraulische Steuerung ist erforderlich, um die Bewegung und das Gleichgewicht zu optimieren, insbesondere in der Schwungphase, in der die Prothese verlangsamt werden muss, um das Gewicht zu tragen und den Vortrieb zu ermöglichen.

Der Mikroprozessor empfängt Echtzeitdaten von hochauflösenden Winkel- und Drucksensoren und verwendet diese Informationen, um das hydraulische Dämpfungssystem zu steuern. Die Federkräfte des Systems werden dank leistungsstarker Miniatur-Gleichstrommotoren in Echtzeit betätigt.

Um die natürliche Gangphase so gut wie möglich nachzubilden, ist eine reibungslose Steuerung unabdingbar. Da selbst geringe Spuren des Cogging-Effekts, der bei Motoren mit Eisenkern manchmal auftritt, die natürliche Steuerung behindern würden, ist ein kernloser Bürsten-Gleichstrommotor mit Edelmetallkommutierung die optimale Wahl. Ein Design wie der 13N-Motor von Portescap ist in der Lage, ein gleichmäßiges, kontinuierliches Drehmoment von 3,3 mNm zu liefern.

Designvorteile für die Praxis

Ein geringes Gewicht ist ebenfalls wichtig, da ein zu hohes Gewicht die Leistung der Prothese beeinträchtigt und das Tragen des Geräts für den Benutzer anstrengender ist. Außerdem wird ein kleiner Formfaktor des Motors benötigt, um ihn in die Prothese zu integrieren und das daneben liegende Getriebe unterzubringen. Zur Steuerung der Motordrehzahl wird ein Getriebe wie das R13-Planetengetriebe von Portescap mit einem magnetischen Encoder kombiniert, der ein Datenfeedback für die Steuerung der Gangphase liefert. Mit einem Durchmesser von 13 mm ist der 13N-Motor von Portescap bei gleicher Leistungsdichte bis zu 30 % kleiner als andere Modelle.

Prothesen Antriebe Technologie
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Die Stromversorgung des aktiven Prothesensystems erfolgt über einen integrierten Akku, sodass die Effizienz des Motors bei längerem Gebrauch entscheidend ist. Kernlose Bürsten-Gleichstrommotoren arbeiten mit einer geringen Stromaufnahme und verhindern Eisenverluste. Ein kernloser Bürsten-Gleichstrommotor kann in der Regel einen ganzen Tag lang betrieben werden, bevor er wieder aufgeladen werden muss, wie z. B. der Portescap 13N, der mit einem Wirkungsgrad von 75 % arbeitet. Leben mit der Prothese bedeutet auch, dass der Motorbetrieb geräuscharm sein muss – ein weiterer Vorteil des kernlosen Bürstendesigns mit leichtgängiger Lageranordnung.

Aktive Prothesen mit 5.000 Betriebsstunden

Da die aktive Prothese es ihrem Träger ermöglicht, Aktivitäten mit größerer Mobilität auszuüben, muss das Gerät auch robust sein. Kernlose Bürsten-Gleichstrommotoren arbeiten auch bei extremer Kälte und Hitze und sind ausreichend widerstandsfähig, um den Stößen und Vibrationen in den anspruchsvollsten Umgebungen standzuhalten. Eine aktive Prothese kann etwa 5.000 Betriebsstunden halten, was etwa zwei Jahren entspricht.

Da die aktive Technologie, die eine verbesserte Mobilität für Menschen mit Amputationen ermöglicht, immer weiter voranschreitet, arbeiten Miniaturmotorhersteller wie Portescap mit Prothesenentwicklern zusammen, um maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln. Die Entwicklung in der Mikroprozessortechnologie trägt zusammen mit Miniatur-Bewegungssteuerungssystemen dazu bei, zukunfsfähigere Lösungen zu schaffen. (uh)


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