Neue Alternative zum CT

Mit Dunkelfeld-Röntgen gegen Covid-19

25. Januar 2023, 15:35 Uhr | TU München
Daniela Pfeiffer, Professorin für Radiologie und ärztliche Leiterin der Studie am Klinikum rechts der Isar. Die Dunkelfeldbilder können Mikrostrukturen des Lungengewebes detaillierter als konventionelle Röntgenaufnahmen abbilden und liefern so zusätzliche Informationen.
© TU München

Premiere an der TU München: Dunkelfeld-Röntgenaufnahmen können im Gegensatz zu konventionellen Röntgenaufnahmen auch die Mikrostruktur des Lungengewebes abbilden und bieten sich als Alternative zur strahlungsintensiven Computertomographie an.

Die Bildgebung der Lunge von Patient:innen mit Covid-19 erfolgt meist durch Computertomographie (CT). Hierfür werden Röntgenaufnahmen aus verschiedenen Richtungen zu einem dreidimensionalen Bild kombiniert. Dies ermöglicht eine genauere Bildgebung als zweidimensionale Aufnahmen mit konventioneller Röntgentechnologie, hat jedoch den Nachteil einer höheren Strahlendosis aufgrund der vielen Röntgenaufnahmen. Forschende der Technischen Universität München (TUM) haben jetzt erstmalig Dunkelfeld-Röntgenaufnahmen von Patient:innen erstellt, die mit dem Corona-Virus infiziert waren.

Was ist Dunkelfeld-Röntgen?

Die Dunkelfeld-Bildgebung mit Röntgenlicht ist eine für die Medizin neuartige Untersuchungsmethode. Während konventionelles Röntgen auf der Abschwächung des Röntgenlichts basiert, nutzt das Dunkelfeld-Röntgen die sogenannte Kleinwinkelstreuung des Röntgenlichts. Dadurch lassen sich zusätzliche Informationen über die Beschaffenheit der Mikrostruktur des Lungengewebes gewinnen. Somit bieten Dunkelfeldaufnahmen einen Mehrwert für die Untersuchung verschiedener Lungenerkrankungen.

Das neu entwickelte Dunkelfeld-Röntgenverfahren eröffnet neue Möglichkeiten in der radiologischen Diagnostik: »Bei unserer Röntgen-Untersuchung nehmen wir gleichzeitig konventionelle Röntgen- und Dunkelfeldbilder auf. So erhalten wir schnell und einfach zusätzliche Informationen über das betroffene Lungengewebe«, sagt Franz Pfeiffer, Professor für biomedizinische Physik und Direktor des Munich Institute of Biomedical Engineering der TUM.

»Die Strahlendosis ist dabei im Vergleich zu einem CT-Gerät um den Faktor 50 kleiner. Daher ist die Methode auch für Anwendungsszenarien vielversprechend, die wiederholte Untersuchungen über einen längeren Zeitraum erfordern, beispielsweise zur Erforschung von Long-Covid-Verläufen. Für längere Beobachtungszeiträume könnte die Methode eine Alternative zur Computertomographie für die Bildgebung von Lungengewebe bieten«, erläutert Pfeiffer weiter.

Medizintechnik Röntgen Computertomografie Dunkelfeld TUM München
So funktioniert das neue Verfahren des Dunkelfeld-Röntgens.
© TU München

Mehr Wissen zur Mikrostruktur des Lungengewebes

In einer neuen Studie haben Radiologen Aufnahmen von Personen mit Covid-19-Lungenerkrankung mit denen gesunder Personen verglichen. Dabei fiel ihnen die Unterscheidung zwischen kranken und gesunden Personen anhand der Dunkelfeldaufnahmen deutlich leichter als mit konventionellen Röntgenbildern. Am besten konnten die Radiolog:innen zwischen krankem und gesundem Lungengewebe unterscheiden, wenn beide Arten von Aufnahmen – konventionell und Dunkelfeld – vorlagen.

Das Forschungsteam optimierte den Aufbau des Röntgengerät-Prototyps so, dass sie die Aufnahmen auch quantitativ auswerten konnten. Eine gesunde Lunge mit vielen intakten Lungenbläschen erzeugt ein starkes Dunkelfeldsignal und erscheint in der Aufnahme hell. Dagegen erzeugt entzündetes Lungengewebe, in das Flüssigkeit eingelagert ist, ein schwächeres Signal und erscheint im Bild dunkler. »Wir normieren dann das Dunkelfeldsignal auf das Lungenvolumen, um die Unterschiede im Lungenvolumen verschiedener Personen zu berücksichtigen«, erklärt Manuela Frank, eine Erstautorin der Publikation.

Quantitative Auswertung

»Als nächstes möchten wir noch mehr Patient:innen untersuchen. Wenn dann genügend Dunkelfeld-Röntgendaten vorhanden sind, sollen auch Methoden der künstlichen Intelligenz den Auswertungsprozess unterstützen. Mit konventionellen Aufnahmen haben wir bereits ein Pilotprojekt zur KI-Auswertung unserer Röntgenaufnahmen durchgeführt«, sagt Daniela Pfeiffer, Professorin für Radiologie und ärztliche Leiterin der Studie am Klinikum rechts der Isar.

Prof. Franz Pfeiffer und sein Team haben die Methode von Grund auf entwickelt und verbessern sie kontinuierlich seit über zehn Jahren, um sie für den Einsatz bei Patient:innen verfügbar zu machen. So entwickelten sie zuletzt in enger Zusammenarbeit mit den Radiolog:innen am Klinikum rechts der Isar der TUM den ersten Dunkelfeld-Röntgen-Prototyp, der für die weltweit ersten klinischen Untersuchungen zugelassen wurde. Dieser wird nun aktuell für mehrere Patientenstudien zu verschiedenen Lungenerkrankungen verwendet. Nach ersten Aufnahmen von Patient:innen mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und Covid-19 könnte die Technologie zukünftig auch für weitere Lungenpathologien wie Lungenkrebs, Fibrose oder Pneumothorax genutzt werden. (uh)


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