Sensor-Testkit gegen Gelbsucht

Tränen statt Blut

28. Juni 2022, 10:58 Uhr | Gesellschaft deutscher Chemiker
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Sensor mit Trennwirkung: Gelbsucht-Diagnose anhand von Tränenflüssigkeit.

Ein Forschungsteam hat ein handliches Testkit für Tränen entwickelt, mit dem Gelbsucht bei Patienten nachgewiesen werden kann. Den Erfolg brachte ein hybrider Sensor, der zugleich störende Verunreinigungen aus der Probe abtrennt. Der Ansatz könnte neue Wege für Früherkennung und Diagnostik anhand komplexer Körperflüssigkeiten aufzeigen.

Menschliche Tränenflüssigkeit enthält viele Proteine, Metabolite und andere Moleküle, deren Konzentrationen sich bei bestimmten Krankheiten stark ändern. Die Diagnostik über Tränen ist für Arzt und Patient sehr bequeme, da die Proben nicht-invasiv, also ohne Blutabnahme oder sonstigen Eingriff in den Körper gewonnen werden kann. 

Als Analysenmethode für enthaltene Biomoleküle bietet sich die oberflächenverstärkte Raman-Spektroskopie (Surface-Enhanced Raman Spectroscopy, SERS) an. Kompakte Raman-Handgeräte stünden für die direkte Diagnostik beim Patienten zur Verfügung. Das Problem sind geeignete SERS-Sensoren. Bisherige werden durch starke Ablagerung von Tränen-Bestandteilen rasch deaktiviert. Eine aufwendige Probenvorbereitung war bisher unvermeidbar.

Infobox: Raman-Effekt
Beim Raman-Effekt regt Licht bei der Streuung an Materie charakteristische Schwingungen und Rotationen von Molekülteilen an. Die resultierende Frequenzverschiebung beim Streulicht liefert einen molekularen „Fingerabdruck“. Stehen die Analyt-Moleküle in Kontakt mit einer Metalloberfläche („Hotspots“), werden die Raman-Signale so verstärkt, dass die für die Tränen-Diagnostik nötige Ultrasensitivität erreicht wird. Eine Markierung der Analyte ist überflüssig.

 


 

 

 

 

Streichholzschachtel-großes Diagnose-Testkit

Pekinger Forschende konnten jetzt mit einem Streichholzschachtel-großenTestkit einen neuen, unkomplizierten Weg zur Gelbsucht-Diagnose aufzeigen.

Herzstück ist eine hybride Schicht: Eine Lage regelmäßig angeordneter Siliciumdioxid-Nanokügelchen wird auf der Oberseite mit einer hauchfeinen Goldschicht versehen, auf die eine Schicht aus Gold-Nanopartikeln aufgetragen wird, die als SERS-Hotspots wirken. Die Zielmoleküle binden an das Gold und werden auf der Oberseite festgehalten, während kleinere Tränenbestandteile durch die Zwischenräume zwischen den Siliciumdioxid-Nanokügelchen in ein saugfähiges Substrat unterhalb der Schicht gelangen. Die Porendurchmesser lassen sich über die Größe der verwendeten Kügelchen so einstellen, dass die störenden Hauptbestandteile von Tränen (Albumin, Lysozym, IgG und Peroxidase) abgetrennt werden. Die als SiO2@Au@AuNPs bezeichnete Schicht wird zwischen zwei Glasträgern eingebettet und in ein Gehäuse eingeschlossen. Eine herausragende Spitze dient der Sammlung von Tränenflüssigkeit am Augenwinkel. Die SERS-Untersuchung erfolgt durch ein Fenster auf der Oberseite.

Mithilfe des neuen Testkits identifizierte das Team erfolgreich Patienten mit Gelbsucht – einer Stoffwechselstörung bei Leber- und Gallenerkrankungen. Der Gallenfarbstoff Bilirubin wird nicht ausreichend ausgeschieden, sondern im Körper angereichert und findet sich auch in Tränenflüssigkeit. Bilirubin bindet stark an das Gold des Sensors und ist anhand seines SERS-Signals sehr empfindlich nachweisbar. (uh)

 

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