Fertigung in der Medizintechnik

Sauber automatisierte MedTech-Fertigung

11. Oktober 2022, 15:31 Uhr | Horst Stegmüller für Zimmer Group
Bild 1. Elektrische Greifer nach Hygenic Design.
© Syntegon

Medizintechnische Produktionsumgebungen müssen hygienisch und partikelarm sein, um Verunreinigungen der Medizinprodukte oder Fertigungsstörungen zu vermeiden. Das stellt die Automatisierung vor höchste Anforderungen, um den hohen Prozess- und Reinigungsbedingungen gewachsen sein. Ein Leitfaden.

Je nach Anforderung und Einsatzzweck kann Automatisierungstechnik für die Produktion von Medizingeräten nach verschiedenen Kriterien ausgewählt und mit den individuell benötigten Eigenschaften ausgestattet werden.

Die wichtigsten Eigenschaften sind:

  • Reinigung & Sterilisation: Mit einem konsequenten Hygienic Design können Produkte sehr reinigungsfreundlich konzipiert werden.
  • Beständige Oberflächen: Viele Produkte lassen sich so ausstatten, dass sie gegen aggressive Reiniger wie Wasserstoffperoxid u.ä. resistent sind.
  • Hohe IP-Schutzklassen: Speziell abgedichtete Produkte weisen hohe Dichtigkeiten auf und ermöglichen damit eine intensive Reinigung.
  • Reinraumtauglichkeit: Einhaltung der angegebenen Grenzwerte und garantiert reduzierter Partikelausstoß nach GMP und ISO 14644 und bis Reinraumklasse 2.
  • Zertifizierte Schmierstoffe: Es können Schmierstoffe eingesetzt werden, die alle Anforderungen der FDA-Regel 21 CFR 178.3570 erfüllen.
  • Zugelassene Materialien: Medizin­produkte können unter ausschließlicher Verwendung von Materialien produziert werden, die nach der Materialliste der FDA zugelassen sind.
  • Greifer, Klemm- und Bremselemente, Werkzeugwechsler, Dreh- und Schwenkeinheiten oder Stoßdämpfer: Bei der Wahl der Automatisierungstechnik für sauberkeitssensible Aufgaben können auf die Medizintechnik spezialisierte Zulieferer meist aus dem Standardprogramm liefern oder sind in der Lage, praktisch sämtliche Produkte so zu modifizieren, dass sie in sauberkeitssensiblen Bereichen eingesetzt werden können.

Ein Überblick über die wichtigsten Komponentenfamilien.

Elektrische Antriebe

Druckluftbetriebene Komponenten sind wegen der unvermeidlichen Abgabe von Partikeln an die Umgebungsluft für die technische Sauberkeit in der MedTech-Produktion meist wenig geeignet. Elektrische Antriebe bieten hier klare Vorteile und können daher auch in sehr sauberkeitssensiblen Umgebungen eingesetzt werden.

Als Referenzbeispiel dient an dieser Stelle die Erweiterung der elektrischen Kleinteilgreiferserie GEP2000 der Zimmer Group, welche direkt auf den Einsatz in Reinräumen und unter erhöhten Hygieneanforderungen zugeschnitten wurde. Die Greifer sind dazu mit einem Protektor ausgestattet, der die Schutzklasse auf IP54 erhöht. Da die abgedichteten Führungen mit einem lebensmittelechten H1-Fett geschmiert sind, sind sie auch für Anwendungen in der Lebensmittelindustrie geeignet – zumal die obere Abdeckung wie auch die Halteschrauben aus Edelstahl bestehen, um sowohl den Korrosionsschutz als auch die Reinigungsfreundlichkeit zu optimieren. Die neue Variante des GEP2000 hat zudem erfolgreich einen Zertifizierungsprozess durchlaufen und ist dank seiner geringen Partikelemissionen für die Reinraumklasse 2 freigegeben.

Sichere medizintechnische Handhabe

Welche Anwendungen mit dieser Art spezifisch ausgelegter Komponenten möglich sind, zeigt eine Medizintechnik-Praxisanwendung: Zur Handhabung von Vials und Spritzen in einer Abfüllanlage für einen Kunden aus der Pharma-Branche hat die Zimmer Group eine kundenspezifische Lösung entwickelt (Bild 1). Sie basiert auf den elektrischen Greifern der Serie GEP2000, bei denen für diese spezielle Greifaufgabe der Hub auf elf
Millimeter pro Backe vergrößert wurde. Die Greifer wurden nach den Grundregeln des Hygienic Design konzipiert. Durch die Verwendung von Edelstahl und PEEK sind sie gegen alle gängigen Reinigungsmittel beständig, und die Abdichtung des Elektronikmoduls wurde speziell für diese Aufgabe auf IP65 erhöht.

Die Serie GEP2000 bietet eine integrierte Positionserkennung, um die verschiedenen Produkte zuverlässig detektieren und sicher greifen zu können. Die
mechanische Selbsthemmung gewährleistet selbst bei einem Stromausfall oder einer Notabschaltung noch ein sicheres Halten des Werkstücks. Damit wird zum Beispiel verhindert, dass Probenbehälter mit infektiösem Inhalt herunterfallen und so ganze Laborbereiche kontaminieren können.

ZImmer Faulhaber Robotik Greifer Pick & Place Medizintechnik Labor
Bild 2. Greifer kombiniert mit einem Dreh­modul als Decapper und Recapper.
© Zimmer

Kompakt Drehen und Greifen

Mit reiner Greiftechnik ist es in der Labor­automation nicht immer getan, denn in der Laborautomation müssen zum Beispiel immer wieder Probenröhrchen auf- und wieder zugeschraubt werden. Um solche Aufgaben bewältigen zu können, hat Zimmer für einen Laborkunden einen Greifer aus der Serie GEP2000 mit einem Drehmodul kombiniert (Bild 2). Diese spezielle Handling-Lösung kann durch die Kombination von Drehen und Greifen als Decapper und Recapper von Probenröhrchen genutzt werden. Sie lässt sich aber auch einsetzen, um Vials zu etikettieren oder um die Barcodes von Probenröhrchen so zu positionieren, dass sie gescannt werden können. Da die Kräfte und Positionen von Greifer und Drehmodul einstellbar sind, lassen sich damit ganz unterschiedliche Behältergrößen individuell und mit hoher Prozessgeschwindigkeit handhaben.

ZImmer Faulhaber Robotik Greifer Pick & Place Medizintechnik Labor
Bild 3. Elektrische Klemmelemente fixieren OP-Tische sicher.
© Zimmer

OP-Tische fixieren

Klemmelemente dienen dazu, stillstehende Teile einer Anlage gegen unbeabsichtigte Bewegungen zu sichern – zum Beispiel dann, wenn ein Antrieb einen Arbeitstisch positioniert hat, seine Haltekräfte aber nicht ausreichen, um die Position anschließend sicher zu fixieren. Solche Aufgaben gibt es auch in der Medizin. Beispielsweise werden Klemmelemente eingesetzt, um Operations­tische nach der Einstellung der gewünschten
Position gegen weitere Bewegungen zu sichern (Bild 3). Elektrische Klemmelemente verfügen nicht nur über eine integrierte Statusabfrage, sondern auch über eine mechanische Selbsthemmung. Damit erbringen sie die volle Halte­kraft auch noch bei einem Stromausfall und schützen sowohl Ärzte als auch Patienten.

ZImmer Faulhaber Robotik Greifer Pick & Place Medizintechnik Labor
Bild 4. Hydraulische Stoßdämper sorgen in Prothesen für ein weiches, natürliches Gangbild.
© Zimmer

Weicher Gang bei Prothesen

Um Bewegungen weich abzustoppen, sind Stoßdämpfer mit einer präzisen, schwingungsarmen Dämpfung die erste Wahl. Solche Dämpfer werden auch in der Prothetik eingesetzt und reduzieren in Beinprothesen die Stöße beim Gehen. Sie sorgen dadurch nicht nur für ein natürliches Gangbild, sondern erhöhen auch den Komfort für ihren Träger und mindern gleichzeitig die Gefahr von Folgeerkrankungen.

Die Experten der Zimmer Group arbeitet seit Jahrzehnten eng mit führenden Prothetikherstellern zusammen. Die Ingenieure haben mehrere Typen von
hydraulischen Stoßdämpfern für hoch­wertige Beinprothesen konzipiert (Bild 4) und sie in enger Abstimmung mit den Anwendern immer weiterentwickelt. Die Dämpfer sind in Zug- und Druckrichtung individuell einstellbar und können damit exakt den jeweiligen Bewegungsabläufen angepasst werden. Durch den Einsatz von rostfreiem Stahl und von Bio-Öl werden die Hygieneanforderungen erfüllt, während die hydrostatische Kolbenführung und der integrierte Ölvolumenspeicher für eine lange Lebensdauer sorgen. (uh)

 

Auf einen Blick
Die Zimmer Group gehört mit mehr als 1200 Mitarbeitern und einem Vertriebsnetz in 125 Ländern zu den weltweit führenden Herstellern von Automatisierungs-, Maschinen- und Dämpfungskomponenten. Das Unternehmen bietet eine Vielzahl von Automatisierungsprodukten, die bei Partikelausstoß und Hygienesicherheit höchste Anforderungen erfüllen. Darunter finden sich zum Beispiel mehr als 500 Produkte, die eine Reinraumzertifizierung aufweisen. Zahlreiche Komponenten aus dem Lieferprogramm der Zimmer Group wurden von Anfang an auf erhöhte Reinheitsanforderungen ausgelegt. Neben einem umfangreichen Standardlieferprogramm bietet Zimmer ausgefeilte individuelle Lösungen für Unternehmen aus den Bereichen Medizin, Pharma und Verpackung.

 


Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Zimmer Group GmbH