Der zweite Versuch

Diabetiker-Kontaktlinse misst Blutzucker

28. April 2020, 9:01 Uhr | medical design
Forscher haben eine Kontaktlinse für die Therapie von Diabetes entwickelt.
© Pixabay

Forscher haben eine Kontaktlinse entwickelt, die den Blutzucker misst und einen Wirkstoff freisetzt

Die Idee klingt fantastisch: Eine Kontaktlinse misst den Blutzucker im Auge und erleichtert so das Leben von Diabetikern. Dieses Versprechen konnte Google nicht einlösen. Der Mutterkonzern Alphabet beendete 2018 vorläufig sein großes Forschungsprojekte, eine digitale Kontaktlinse für Diabetiker. Die Entwicklungsarbeiten seien wegen mangelnder Erfolgsaussichten gestoppt worden. Denn  trotz aller Bemühungen sei es nicht gelungen,  verlässliche Messwerte für den Blutzuckergehalt zu bestimmen.Von einer endgültigen Aufgabe des Projekts ist darin allerdings nicht die Rede. 

Digitale Kontaklinse aus Südkorea

Was die Amerikaner nicht schafften, soll nun in Südkorea geklappt haben. Wie wissenschaft.de berichtet, sei es Wissenschaftlern der Pohang Universität in Südkorea gelungen, eine Kontaktlinse zu entwickeln, die nicht nur den Blutzucker misst, sondern auch die passende Dosis  eines entsprechenden Medikaments freisetzt. In ersten Tests mit Kaninchen hat sich diese Mehrzweck-Kontaktlinse als verträglich und funktionsfähig erweisen.

Schematische Illustration
Schematische Illustration
© Pohang University

Ein in die Kontaktlinse integrierter Biosensor misst den Zuckergehalt der Tränenflüssigkeit mithilfe eines Hydrogels, das bei Reaktion mit Zucker seine Leitfähigkeit ändert. Diese Veränderungen werden von zwei Platinelektroden registriert, vom Mikrochip ausgewertet und übermittelt. 

Wirkstoff automatisch freigesetzt

»Aber zusätzlich dazu hat unsere Kontaktlinse die einzigartige Funktion der Wirkstoff-Freisetzung«, sagt Projektleiter  Do Hee Keum. Der eigens dafür entwickelte Arzneimittelbehälter besteht aus mehreren ultradünnen Fächern in einem Siliziumdioxid-Dünnfilm, in den Titan und Gold-Elektroden integriert sind. Eine hauchdünne Goldmembran deckt die Reservoire ab.

Der Mechanismus dahinter: Misst die Linse einen zu hohen Zuckerwert, löst entweder der integrierte Chip oder ein externe, kabellos verbundenes Kontrollgerät die kontrollierte Freisetzung des Wirkstoffs aus. Aktiviert wird dies über einen schwachen Strom, der über die Elektroden in den Behälter geleitet wird und die Golddecke der Fächer auflöst.

In ersten Tests erfolgte die Auflösung des Deckels laut Aussagen der Forscher innerhalb von 40 Sekunden. Um zu testen, wie ihre Kontaktlinse im praktischen Einsatz funktioniert, mussten erneut die diabetischen Kaninchen herhalten. Diese bekamen Kontaktlinsen eingesetzt, die den Pflanzeninhaltsstoff Genistein enthielten. Er gilt als vielversprechendes Mittel gegen diabetische Netzhautschäden. Die Versuche zeigten: Nachdem der Wirkstoffbehälter der Kontaktlinse per kabellosem Signal aktiviert worden war, setzte er wie erhofft das Genistein frei. (me)

Quellen

[1] wissenschaft.de (24. April 2020): Kontaktlinse misst Blutzucker und setzt Arznei frei, https://www.wissenschaft.de/gesundheit-medizin/kontaktlinse-misst-blutzucker-und-setzt-arznei-frei/ (Stand: 28. April 2020)

[2] Do Hee Keum (Pohang University of Science and Technology, Südkorea) et al., Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.aba3252 (Stand 28. April 2020)


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