Pharmazeutika-Produktion

Fingerprint-Spektroskopie in einer Millisekunde

28. Juni 2019, 16:00 Uhr | Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF
Die Forscher stellten den Demonstrator des Messsystems auf der diesjährigen Laser World of Photonics vor.
© Fraunhofer IAF

Um die Qualität gewährleisten, müssen Hersteller nicht nur die Reinheit und Konzentration ihre Produkte überwachen, sondern auch die der Zulieferer. Forscher haben ein Messsystem entwickelt, das die kontaktlose Identifizierung chemischer und pharmazeutischer Substanzen in Echtzeit ermöglicht.

Das Herzstück des Systems ist ein  schnell durchstimmbarer Quantenkaskadenlaser (QCL) im mittleren Infrarotbereich. Mittels Rückstreuspektroskopie lassen sich damit nicht nur kleinste Mengen chemischer Substanzen in Echtzeit identifizieren, das Lasersystem kann auch dazu eingesetzt werden, chemische Reaktionsprozesse kontinuierlich zu verfolgen. »Das vorgestellte Messsystem ermöglicht eine kontaktlose Identifizierung verschiedenster chemischer und pharmazeutischer Substanzen. So können aufwendig Messverfahren im Labor durch Echtzeit-Messungen während des laufenden Produktionsprozesses ersetzt werden«, erklärt Dr. Marko Härtelt, Forscher am Fraunhofer IAF.

Mit seinen Kollegen arbeitet er bereits seit Jahren an der Entwicklung von QCLs für die Infrarot-Spektroskopie. Mit der Unterstützung von Forscherkollegen des Fraunhofer IPMS haben sie eine Laserquelle entwickelt, mit der der gesamte Wellenlängenbereich des QCL-Emitters innerhalb von einer Millisekunde abgetastet werden kann. Die Basis für diese »Fingerprint«-Methode ist der mittlere Infrarotbereich (4-12 μm). »In diesem Wellenlängenbereich zeigen viele chemische Verbindungen ein charakteristisches spektrales Absorptionsverhalten und sind damit so individuell wie der menschliche Fingerabdruck«, erläutert Härtelt. Der Wellenlängenbereich ermöglicht eine eindeutige Identifizierung der Art und Zusammensetzung der molekularen Verbindung.

Variable Scangeschwindigkeit

Die am Fraunhofer IAF entwickelten Quantenkaskadenlaser zeichnen sich laut Forscher durch ihre extrem variable Scangeschwindigkeit, ihre kompakte Größe sowie ihre breite Durchstimmbarkeit aus. Die Forscher haben einen QCL entwickelt, der mit hohen Scanfrequenzen oder quasi-statisch über einen weiten Wellenlängenbereich durchgestimmt werden kann. Dies wird erreicht durch die Kombination von Quantenkaskadenlasern in einem externen Resonator mit verschiedenen MOEMS-basierten Gitterscannern, welche als wellenlängenselektive Elemente wirken. »Die am schnellsten spektral durchstimmbaren resonanten MOEMS-Scanner ermöglichen die Aufnahme von tausend kompletten IR-Spektren pro Sekunde. Diese hohe Scangeschwindigkeit ist für Anwendungen entscheidend, bei denen sich die Szenarien schnell ändern, wie etwa bei der Überwachung von chemischen Reaktionsprozessen oder bei sich bewegenden Objekten«, so Härtelt.

Durch die berührungslose Identifizierung in Echtzeit eignen sich QCL-basierte Messsysteme für die Qualitätsüberwachung in verschiedenen industriellen Branchen. In der Pharma-, Chemie- und Lebensmittelindustrie liefern die Messsysteme Informationen über die Echtheit und Reinheit der Substanzen – und das zu jedem beliebigen Zeitpunkt des Produktionsprozesses. Ebenso können Quantenkaskadenlaser in der Schadstoffüberprüfung, medizinischen Diagnostik und dem Sicherheitssektor zum Einsatz kommen. Die Bauform der Lasermodule ermöglicht zudem die Entwicklung von mobilen bis hin zu handgehaltenen Messsystemen. (me)

 


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