Neue Diagnoseverfahren

Herzsignale oder Hirnströme berührungsfrei messen

14. März 2019, 10:00 Uhr | Universität des Saarlandes
Mit dem Magnetfeldsensor im Zylinder lässt sich auch der Magnetismus von Blättern messen: Uwe Hartmann demonstriert dies an einem getrockneten Lotus-Blatt.
© Oliver Dietze

Physiker der Universität des Saarlandes stellen mit Magnetfeldsensoren einen Empfindlichkeits-Rekord auf, der neue Messverfahren ermöglicht. In normaler Umgebung spüren sie sehr schwache magnetische Signale auf, und das trotz Störquellen auch über größere Distanzen.

Wollen Ärzte heute das Herz ihres Patienten darauf untersuchen, ob es stolpert oder flimmert, müssen sie erst Elektroden auf Brust, Handgelenke und Fußknöchel kleben. Gleiches gilt für die elektrische Aktivität des Gehirns: Erst muss verkabelt werden, dann lassen sich die Hirnströme messen. Wenn es schnell gehen muss, verlieren Helfer dadurch wertvolle Zeit. Einfacher wären Geräte, die ähnlich wie ein Metallsucher über Körper oder Kopf gehalten werden und trotzdem zuverlässige Werte liefern. Bislang scheitern derart berührungsfreie medizinische Diagnoseverfahren daran, dass sie wenig alltagsstauglich sind. Hinreichend empfindliche Messsensoren, die biomagnetische Körpersignale messen können, brauchen heute extreme Bedingungen: Sie müssen gegen Störungen von außen stark abgeschirmt, bei unpraktischen Temperaturen von unter 200 Minus-Graden gekühlt oder im Vakuum betrieben werden.

Jetzt haben der Experimentalphysiker Prof.Uwe Hartmann und sein Forscherteam an der Universität des Saarlandes ihre Magnetfeldsensoren so weiterentwickelt, dass sie ohne solche Weltraumbedingungen in normaler Umgebung sehr schwache Signale erfassen können – wie etwa die vielfältigen Körperfunktionen, die sich durch Magnetfelder äußern. Verglichen mit bekannten Maßstäben entspricht die Messung laut eigener Aussag dem Auffinden eines Sandkorns im Gebirge: »Wir können über verhältnismäßig große Distanzen Magnetfelder messen, die annähernd eine Million Mal kleiner sind als das Erdmagnetfeld – etwa einige Picotesla, 10 hoch -12«, erklärt Hartmann. Bislang erfassen Sensoren unter normalen Bedingungen nur Magnetfelder, die etwa tausend Mal kleiner sind als das Erdmagnetfeld.

Die eigentliche Herausforderung lag weniger im kaum messbar kleinen Signal selbst. »Das Hauptproblem ist, diese Signale in einer gewöhnlichen Umgebung aus einer Vielzahl von Störsignalen sauber herauszulesen«, sagt Hartmann. Denn alles Mögliche verrauscht, überlagert und verfälscht das Messsignal, das eigentlich interessiert – angefangen vom Erdmagnetfeld über Elektrogeräte, vorbeifahrende Autos bis hin zu Signalen anderer Organe oder gar Sonnenstürme.

Noch handelt es sich um ein Ergebnis der Grundlagenforschung. Die möglichen Anwendungsfelder der hoch empfindlichen Magnetfeldsensoren sind jedoch vielfältig: Sie können in der Medizin Einsatz finden und in Kardiologie oder Neurologie Ergänzung zu EKG (Elektrokardiographie) oder EEG (Elektroenzephalographie) sein. Auch können sie bei geophysikalischen Untersuchungen helfen, Erdöl, Erze oder archäologische Funde aufzuspüren.

(me)

Auf der Hannover Messe suchen die Forscher Partner aus der Wirtschaft vor allem auch aus der Medizintechnik, um ihre Ergebnisse für den praktischen Einsatz weiterzuentwickeln. Am Forschungsstand in Halle 2 (B46) demonstrieren sie die Empfindlichkeit ihrer Sensoren: Unter anderem detektieren die Forscher unerwartet magnetische Objekte aus der Umwelt.

 


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu elektroniknet