Drug Delivery

Injektion zum Schlucken

6. September 2021, 10:58 Uhr | MIT
Stehaufmännchen: Das System ist so entwickelt, dass die Injektion immer in Richtung Magenschleimhaut erfolgt.
© MIT

Kapsel injiziert Medikamente in den Magen

In den letzten Jahren haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen monoklonale Antikörper, deren Wirkung auf großen Proteinen beruhen, entwickelt, die eine Vielzahl von Krankheiten bekämpfen können, darunter einige Krebsarten und Autoimmunerkrankungen wie Morbus Crohn. Diese Medikamente wirken zwar gut, aber ein Nachteil ist, dass sie gespritzt werden müssen. 

Für viele Betroffene sind die häufigen Injektionen belastend und schränken ihre Lebensqualität ein. Einfacher und angenehmer wäre es für sie, stattdessen eine Tablette zu schlucken. Das ist bei monoklonalen Antikörpern bislang jedoch nicht möglich. Sie würden von Enzymen im Verdauungstrakt zersetzt, bevor sie in den Körper aufgenommen werden können. Gleiches gilt für Medikamente wie Insulin sowie Epinephrin.

Forschende am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge haben nun einen Ansatz entwickelt, der es möglich machen könnte, diese Medikamente doch oral aufzunehmen. Sie haben eine Kapsel entwickelt, die den Wirkstoff direkt in die Magenschleimhaut injiziert. Die heidelbeergroße Pille hat eine hohe, steile Kuppel, die von der Leopardenschildkröte inspiriert wurde. So wie die Schildkröte in der Lage ist, sich aufzurichten, wenn sie sich auf den Rücken rollt, kann sich die Kapsel so ausrichten, dass ihre Injektionsseite immer auf die Magenschleimhaut gerichtet ist. 

Inspiriert von einer Schildkröte

Die neue Verabreichungskapsel ist mit Flüssigkeit gefüllt und enthält außerdem eine Injektionsnadel und einen Kolben, mit dessen Hilfe die Flüssigkeit aus der Kapsel gedrückt wird. Sowohl die Nadel als auch der Kolben werden durch ein Pellet aus festem Zucker in Position gehalten. Wenn die Kapsel in den Magen gelangt, löst sich das Pellet durch die feuchte Umgebung auf und drückt die Nadel in die Magenschleimhaut, während der Kolben die Flüssigkeit durch die Nadel drückt. Wenn die Kapsel leer ist, zieht ein zweiter Stößel die Nadel zurück in die Kapsel, so dass sie sicher über den Verdauungstrakt ausgeschieden werden kann.

Die Forschenden haben ihre Pille so konzipiert, dass es auf den Magen und nicht auf spätere Abschnitte des Verdauungstrakts abzielt. Hintergrund ist, dass die Zeit, die ein Medikament nach dem Verschlucken braucht, um den Magen zu erreichen, bei allen Menschen ziemlich gleich sei. Außerdem ist die Magenschleimhaut dick und muskulös, sodass die Injektion von Medikamenten möglich ist und schädliche Nebenwirkungen vermieden werden können. Die Verabreichung von Medikamenten in flüssiger Form kann dazu beitragen, dass sie schneller in den Blutkreislauf gelangen, was insbesondere für Medikamente wie Insulin und Epinephrin notwendig ist.

Ähnliche Mengen wie bei Spritzen

In Tests mit Schweinen konnten das Team zeigen, dass sie einen monoklonalen Antikörper namens Adalimumab (Humira) in ähnlichen Mengen verabreichen können wie bei einer Injektion. Dieses Medikament wird zur Behandlung von Autoimmunkrankheiten wie entzündlichen Darmerkrankungen und rheumatoider Arthritis eingesetzt. Sie verabreichten zudem ein Proteinmedikament, einen so genannten GLP-1-Rezeptor-Agonisten, der zur Behandlung von Typ-2-Diabetes eingesetzt wird.

Außerdem verabreichten die Forscher den Tieren über mehrere Tage hinweg Kapseln und stellten fest, dass die Medikamente jedes Mal gleichmäßig abgegeben wurden. Sie fanden auch keine Anzeichen von Schäden an der Magenschleimhaut nach den Injektionen, die etwa 4,5 Millimeter in das Gewebe eindringen.

Links & Quellen

(me)


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