Transplantationsmedizin

Maschinelle Perfusion verbessert Organkonservierung

24. Oktober 2019, 8:56 Uhr | Deutsche Transplantationsgesellschaft e.V.
Mit dem OCS kann ein möglichst physiologischer Zustand des Spenderorgans über viele Stunden aufrechterhalten werden.
© Designed by starline / Freepik*

Technologie | Die maschinelle Perfusion von Spenderorganen hat der Transplantationsmedizin in den letzten Jahren neue Perspektiven eröffnet. Mediziner gehen davon aus, dass mithilfe der Maschinenperfusion die Erfolge der Transplantation verbessert werden und mehr Patienten profitieren können.

Die maschinelle Perfusion von Spenderorganen hat der Transplantationsmedizin und ihren Patienten in den letzten Jahren neue Perspektiven eröffnet. Bislang werden die Organe vom Blutkreislauf abgekoppelt, bei vier Grad Celsius in Transportboxen gekühlt und innerhalb weniger Stunden zum Transplantationszentrum transportiert, um schnellstmöglich transplantiert zu werden.

Obwohl dieses Verfahren das Ausmaß der Organschädigung während des Transports reduzieren soll, kommt es immer noch zu einer nicht unwesentlichen Schädigung des gespendeten Organs. Je länger das Organ auf Eis bleibt, desto stärker die Schäden. Darüber hinaus ermöglicht die Kaltlagerungstechnik keine wiederbelebende Beurteilung, während das Organ vom Spender zum Empfänger transportiert wird. Angesichts der Einschränkungen der Kaltlagerung wird geschätzt, dass weltweit 60 bis 65 % der Spenderherzen letztlich nicht für die Transplantation genutzt werden können.

Verbesserte Organkonservierung durch Maschinenperfusion

Eine andauernde maschinelle Durchspülung (Maschinenperfusion) mit einer blutähnlichen Lösung bei Körpertemperatur kann dazu beitragen, dass das Spenderorgan länger konserviert und weniger geschädigt wird. Zudem können Spenderorgane genutzt werden, die bislang als unbrauchbar abgelehnt werden mussten.

Um die Konservierung von Organen während der Transplantation zu verbessern, kommt das Organ Care System (OCS) zum Einsatz. Die Lunge wird im OCS beatmet und an einen künstlichen Blutkreislauf angeschlossen, der sie bei Körpertemperatur mit einer blutähnlichen Lösung und Nährstoffen versorgt.

Transplantation mit OCS ist besser planbar und sicherer

Das Gerät gibt den Ärzten bis zu zwölf Stunden Zeit, das Spenderorgan zu transportieren und die Lungenfunktion zu beurteilen und zu verbessern. So können Flüssigkeitseinlagerungen austrocknen und kann Schleim abgesaugt werden. »Das Organ erreicht den Empfänger in einem deutlich besseren Zustand als bei der bisher üblichen kalten Lagerung«, erklärt Professor Dr. Gregor Warnecke, Leitender Oberarzt der MHH-Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie.

Patienten, die ein Organ aus dem OCS erhalten hatten, leiten zudem seltener an einem frühen Transplantatversagen. »Das kann bedeuten, dass die Patienten kürzer beatmet und schneller entlassen werden«, so Warnecke. Durch das OCS werde die Transplantation zudem besser planbar – das kommt der Patientensicherheit zugute.

Gut versorgt und sicher verpackt

Um die Konservierung von Organen während der Transplantation zu verbessern, hat TransMedics das Organ Care System (OCS) entwickelt. Das tragbare Gerät versorgt das Organ mit warmem und nährstoffreichem Blut versorgt, sodass es auch außerhalb des Körpers weiter arbeiten kann. mehr

 

Internationale Studien zeigen eine Erfolgsgeschichte

Im April 2018 veröffentlichte eine internationale Expertengruppe unter Federführung der Medizinischen Hochschule Hannover die Inspire-Studie zur normothermen ex vivo Perfusion bei Körpertemperatur (mit dem transportablen Organ Care System, OCS) von Spenderlungen im Vergleich zur kalten Lagerung in der Kühlbox, mit der Medizinische Hochschule Hannover (MHH) als leitendem Studienzentrum.

Auf Grundlage der Daten dieser Studie erhielt das Organ Care System Lunge in den USA die FDA-Zulassung. Im August 2019 folgte die Veröffentlichung der EXPAND Studie, in der unter wesentlicher Mitwirkung von MHH-Wissenschaftlern die erfolgreiche Konservierung von Spenderlungen mit erweiterten Spenderkriterien im Organ Care System Lunge gezeigt wurde.

Auch in der Lebertransplantation liegen Ergebnisse von klinischen Studien vor. Zwei randomisierte internationale Studien zur Maschinenperfusion von Spenderlebern laufen derzeit, aus logistischen Gründen aber nur unter geringer deutscher Beteiligung.

In Deutschland fehlt die Finanzierung

Aufgrund dieser Vielzahl klinischer Studien gehen die Transplantationsmediziner davon aus, dass mithilfe der Maschinenperfusion die Erfolge der Transplantation verbessert werden können und mehr Patienten ein Organ zur Verfügung gestellt werden kann.

Für die Herztransplantation steht das Organ Care System Herz zur Verfügung, welches in Großbritannien, Australien, Belgien und Österreich erfolgreich zur Wiederbelebung und anschließenden Transplantation von Herzen von Spendern nach Herz-Kreislauf-Tod genutzt wird. In Deutschland ist diese Organspende gesetzlich ausgeschlossen.

Hierzulande kommt das System derzeit zwar bei der Lungen- und Herztransplantation zum Einsatz, wird aber nicht von den Krankenkassen finanziert. Für den Transport von Spendernieren werden trotz wissenschaftlich belegten Nutzens maschinelle Perfusionssysteme in Deutschland nicht eingesetzt.

Link-Tipp: »Therapie unter Extrembedingungen«

Interview mit Prof. Axel Haverich, Direktor der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie, Medizinische Hochschule Hannover

 

*Designed by starline / Freepik

Schlagworte: Organspende, Transplantationsmedizin, Organ Carey System, Maschinenperfusion

Genannte Firmen: Medizinische Hochschule Hannover

Illustration der Funktionsweise eines OCS
Illustration der Funktionsweise eines OCS
© TransMedics

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu elektroniknet