Überwachung außerhalb des OP-Saals

Sauerstoffgehalt im Gehirn ohne Blutabnahme messen

18. Februar 2019, 16:00 Uhr | Universität Rostock/Blueprint Medical
OxyTrue C: Das weltweit erste mobile System zur Messung der zerebralen Sauerstoffsättigung .
© Universität Rostock/T. Rahr

Bluepoint Medical hat gemeinsam mit Forschern von der Universität Rostock ein Medizinprodukt entwickelt. Ein unscheinbares, etwa 400 Gramm schweres Gerät, das kontinuierlich die Sauerstoffsättigung im Gehirn des Menschen messen kann. Das Besondere: Das Gerät kann auch mobil beuntzt werden.

Wichtig ist dies für Patienten, die bei einer großen Operation an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen werden. »Dabei besteht die Gefahr, dass das Gehirn zu wenig Sauerstoff bekommt«, erklärt Bernd Lindner, Geschäftsführer von Bluepoint Medical. Aus diesem Grund entwickelten Uni-Forscher gemeinsam mit seinem Team ein Messverfahren, mit dessen Hilfe der Sauerstoffgehalt im Gehirn kontrolliert werden kann. Zerebrale Oximetrie nennt sich dieses Verfahren. »Auf diese Weise kann das Risiko von Hirnschäden nach Operationen mit Herz-Lungen-Maschinen signifikant vermindert werden«, so Lindner.

Möglich wurde die Neuentwicklung durch die intensive Zusammenarbeit der Selmsdorfer Medizintechniker mit der Universität Rostock. Professor Hartmut Ewald vom Lehrstuhl für Technische Elektronik und Sensorik und sein Assistent Dr. Ulrich Timm arbeiten bereits seit 2009 eng mit dem Selmsdorfer Unternehmen zusammen. Jetzt ist es den Wissenschaftlern gelungen, ein Funktionsmuster zu bauen, mit dem die zerebrale Sauerstoffsättigung im Gehirn bestimmt werden kann. Bis jetzt beherrschen amerikanische Firmen nach Aussagen der Forscher den Weltmarkt mit dieser weit entwickelten Medizintechnik. Bluepoint ist damit die einzige Firma in Europa, die gemeinsam mit der Universität Rostock solch ein Know How entwickelt hat. »Es ist zudem weltweit das erste mobile System für die klinische Notfallversorgung«, sagt Timm. Die Markteinführung des neuen Geräts ist für das zweite Quartal 2020 geplant.

Nutznießer sind insbesondere Unfallpatienten oder Menschen nach schweren Operationen, für die künftig durch diese Entwicklung auch eine Überwachung außerhalb des OP-Saals möglich wird. Denn Nervenzellen sind anders als andere Körperzellen nicht in der Lage, ihren Energiebedarf in ausreichendem Maße ohne Sauerstoff zu decken. Sauerstoffmangel im Gehirn kann deshalb binnen weniger Minuten zu schwersten Störungen der Hirnfunktion führen. Aus diesem Grund ist die Überwachung der Sauerstoffsättigung im Gehirn von größter Notwendigkeit. Durch das neue Mess-System kann somit eine große Gefahr für Patienten vermindert werden. Im März findet in Kalifornien die abschließende klinische Validierung, sprich: klinische Prüfung, statt. »Unsere Forscher sehen bei dieser technischen Entwicklung sehr konkret, dass ihre Arbeit in ein neues Produkt mündet«, so Ewald. Das sei in der Grundlagenforschung eher selten der Fall.

Die besondere Herausforderung für die Rostocker Wissenschaftler war die theoretische Simulierung dieses Sensor-Systems. Die exakte Geometrie des menschlichen Schädels (Lichtausbreitung, Schweiß, Reflexe und Absorption) nachzuempfinden, sei äußerst kompliziert, erläutert Professor Ewald. So hätten die Forscher Soft- und Hardware mit einem speziellen Design und entsprechend angepassten Algorithmen entwickelt, mit der die Elektrode zielgenau am Kopf befestigt werden könne. Den dafür notwendigen Sensor haben die Rostocker Forscher selbst entwickelt und gefertig. (me)


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