Embedded Medizintechnik

Schluck-Sensor gegen Magen-Darm-Probleme

7. März 2023, 13:38 Uhr | Ute Häußler
Die kleine Sensorkapsel in Form einer Tablette ist auf ihrem Weg durch den Verdauungstrack überwachbar und soll Magen-Darm-Problemen auf den Grund gehen.
© MIT

Auf dem Weg durch Magen und Darm sendet eine neue Sensorkapsel ihren Standort und hilft Ärzten, die genauen Gründe einer Störung der Verdauung zu erkennen. Eine Endoskopie kann damit überflüssig werden.

Forschende des MIT Boston und des Caltech wollen endoskopische, invasive Eingriffe für die Magen-Darm-Diagnostik reduzieren: Die kleine Kapsel ist nach dem Schlucken im Verdauungstrakt lokalisierbar und soll helfen, gastrointestinale Motilitätsstörungen wie Verstopfung, gastroösophageale Refluxkrankheit und Gastroparese leichter zu diagnostizieren.

Immerhin jeder 20. Bundesbürger und über 35 Millionen Amerikaner leiden an Verdauungsproblemen, bisher musste für eine genaue Diagnose oft das Krankenhaus augesucht werden. Sie werden in der Regel mit Hilfe von nuklearmedizinischen Untersuchungen oder Röntgenstrahlen diagnostiziert oder durch das Einführen von Kathetern mit Drucksensoren, die die Kontraktionen des Magen-Darm-Trakts messen.

Endoskopie adé, die Heimdiagnose kommt

Diese oft aufwändigen Diagnoseverfahren sollen bald der Vergangenheit angehören, der Mini-Schluck-Sensor bringt eine nicht-invasive Methode in greifbare Nähe: Im Inneren der Kapsel erfasst ein winziger Sensor ein Magnetfeld, das von einer elektromagnetischen Spule außerhalb des Körpers erzeugt wird. Die Stärke des Feldes variiert mit dem Abstand zur Spule, so dass die Position des Sensors anhand der Messung des Magnetfeldes berechnet werden kann.

Diese Art der Überwachung könnte es laut den amerikanischen Wissenschaftlern Ärzten viel leichter machen, herauszufinden, welcher Abschnitt des Magen-Darm-Trakts eine Verlangsamung der Verdauung verursacht. Die Möglichkeit, die Motilität ohne eine Bestrahlung oder eine invasivere Untersuchung zu charakterisieren soll insbesondere die Angst vieler Patienten vor Magen- oder Darmspiegelungen adressieren und eine weit verbreitete diagnostische Hürde ausräumen.

Für Patienten wäre die Sensorkapsel nicht nur eine Erleichterung, die Untersuchung könnte zudem Zuhause durchgeführt werden. Ärzte könnten das Singal auslesen und bestimmen, welcher Teil des Trakts eine Verlangsamung verursacht, und besser bestimmen, wie der Patienten am besten zu behandeln ist.

Sensorik-Start über das Smartphone

Um den Standort der Kapsel im Körper genau zu bestimmen, umfasst das System einen zweiten Sensor, der als Referenzpunkt außerhalb des Körpers verbleibt, etwa als Klebepflaster auf der Haut. Durch den Vergleich der beiden Sensor-Positionen wird exakt berechenbar, wo sich der Schluck-Sensor im Magen-Darm-Trakt befindet. Ein drahtloser Sender kann die die Magnetfeldmessung an einen Computer oder auch ein Smartphone in der Nähe senden. Die derzeitige Version ist so konzipiert, dass es jedes Mal eine Messung vornimmt, wenn das Smartphone eine solche auslöst; es kann aber auch so programmiert werden, dass es in festgelegten Abständen Messungen vornimmt.

Das MIT-Team haben die neue Sensorik in einem großen Tiermodell, sie führten Scheinen die einnehmbare Kapsel in den Magen ein und verfolgten über mehrere Tage hinweg ihre Position im Verdauungstrakt. Die Forschenden verglichen die Genauigkeit ihrer Strategie mit Röntgenmessungen und stellten fest, dass sie mit einer Genauigkeit von 5 bis 10 Millimetern auskamen.

Ohne Strahlung gegen häufige Magen-Darm-Leiden

Die exakte Messung der Durchlaufzeiten in Magen und Darm soll für Krankheiten wie Reizmagen, Morbus Crohn, Magenlähmung, Verstopfung, Reflux oder auch Stuhlinkontinenz zum Einsatz kommen. Echzeit-Wert mit Millimeter-Genauigkeit sind dabei von hoher klinischer Bedeutung, zumal die Sensorkapsel auch die gewundenen Darmschlingen präzise kartiert - die verschlungenen Verdauungswege sind mit anderen Diagnoseverfahren wie CT oder Röntgen bisher nur schwer darstellbar.

Die Forscher hoffen nun, in Zusammenarbeit mit Partnern Herstellungsverfahren für das System zu entwickeln und seine Leistung in klinischen Studien an größeren Säugetieren und später am Menschen zu testen. (uh)

 

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