EEG- und EMG-Überwachung

Tragbare Elektronik für die Diagnose psychischer Störungen

26. November 2019, 8:44 Uhr | Nano Edge
Gedruckte Testelektrode
© Fraunhofer IBMT

Forschung | Nano Edge ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt mit dem Ziel, Produktionstechniken für funktionalisierte Elektroden. Dies soll den Weg für die Herstellung von Multi-Level-Sensoren ebnen, die die Leistung etablierter Überwachungsmethoden wie EEG und EMG verbessern.

Elektroden sind das Kernelement von Überwachungssystemen. Heutige Elektroden erfassen zum Beispiel elektrische Muskelsignale (EMG) oder neuronale Signale (EEG), sind aus Metall gefertigt und mit einer Gelschicht versehen. Bei Langzeitmessungen trocknet das Gel aus und verhindert eine zuverlässige Messung am Patienten.

Neben der Notwendigkeit elektrischer Leitfähigkeit und direktem Hautkontakt müssen Elektroden weitere Anforderungen wie Biokompatibilität, geringer Übergangswiderstand und hohe Anpassungsfähigkeit an die Hautkontur erfüllen. Diese Anforderungen können durch gedruckte Elektroden aus Graphen-Nanomaterialien erfüllt werden. Allerdings sind auf dem Markt kaum geeignete Graphentinten für den Druck erhältlich, infolgedessen fehlen auch industrielle Druckverfahren für diese Tinten.

Graphen-Nanopartikel-Tinte für den Tintenstrahldruck

In BMBF-Projekt »Nano Edge« wird eine Tinte aus Graphen-Nanopartikeln für den Tintenstrahldruck und ein skalierbares Druckverfahren entwickelt sowie in Folge eine ressourceneffiziente Prozesskette, um Elektroden für den direkten Hautkontakt herzustellen.

Die Entwicklung basiert auf einer handels-üblichen Graphentinte. Um diese druckfähig zu machen, muss sie modifiziert werden. Ethanol wird zugesetzt, damit Blasen vermieden werden und die Oberflächen¬spannung der Tinte verringert wird. Hinzugefügte Kohlenstoff-Nanopartikel sollen die Abriebfestigkeit der gedruckten Strukturen erhöhen. Zur Verbesserung der Bedruckbarkeit und der elektrischen Leitfähigkeit und zum Erzielen einer glatten Oberfläche gedruckter Strukturen kommt ein Tensid zum Einsatz.

Die Herstellung der Hautelektrode umfasst also einen leitfähigen Tintendruck auf weichem Material, gefolgt vom Schnitt und Laminieren einer haftenden Passivierungs-schicht. Hierbei bestimmt die Dicke der einzelnen Komponenten (leitende Tinten-, weiche Stütz- und Passivierungsschichten) die Kopplung der Elektroden mit der Haut und damit das erreichbare Signal-Rausch-Verhältnis. Für EEG-Anwendungen erreicht man bei Bedarf eine weitere Optimierung dieser Schichten durch eine reduzierte Dicke und Steifigkeit.

Zweistufiger Prozess

Für eine umfassendere Darstellung mentaler Prozesse werden mit den  Sensoren biologische Signale intelligent erfasst, die auf den psychischen Zustand hinweisen, wie neuronale, physiologische und Muskelsignale. Damit werden die Diagnose psychischer Störungen und die funktionelle Wiederherstellung erheblich verbessert.

Der Druckvorgang besteht aus einem zweistufigen Prozess: Zuerst werden Leiterbahnen und Kontaktflächen mit einer Silbertinte gedruckt, danach die Elektroden mit der modifizierten Graphentinte. Um die Druckparameter zu optimieren, wurde ein Tinten-strahldrucker mit einem 16-Düsen-Druckkopf eingesetzt. Darüber hinaus wurden geeignete Vor- und Nachbearbeitungsprozesse und Parameter entwickelt. In Zukunft soll der Druckprozess auf ein für die Massenproduktion geeignetes Tintenstrahlsystem übertragen werden.

Tragbare Elektronik

Die tragbare Elektronik basiert auf dem Biopot des Partners SensoMedical Labs LTD. Debei handelt es sich um einen drahtlosen Bioimpedanz- und Biopotentialverstärker mit einem Datenübertragungs- und Datenerfassungsmodul, das als Plattform für die Produktentwicklung in der Neurotechnologie eingesetzt wird. Es ist klein, flach und mit anpassbarem Formfaktor tragbar und ermöglicht eine tagelange Aktivitätsüberwachung.

Darüberhinaus nutzt es die Bluetooth Low-Energy 5.0-Technologie zur Daten-übertragung, verfügt über einen integrierten Datenpuffer und ist als Patch-Gerät zur Datenerfassung konzipiert. In 8 oder 19 Kanaloptionen erhältlich, kann es entweder für EEG, EMG oder andere biopotenzielle Messungen konfiguriert werden.

Diagnose psychischer Störungen und funktionelle Wiederherstellung

Die entwickelten Sensoren finden Anwendung in der Erkennung von Signalen, die den psychischen Zustand anzeigen, wie neuronale, physiologische und Muskelsignale. Dies ermögliche eine umfassendere Darstellung der mentalen Prozesse und damit eine deutliche Verbesserung der Diagnose psychischer Störungen und der funktionellen Wiederherstellung. Insbesondere zielt das Projekt auf die Erprobung neuartiger und kostengünstiger Hautelektronik-Technologien für EEG-basierte Neurofeedback-Systeme ab. (me)

Schlagworte: Messtechnik/Sensorik, Elektronikfertigung, Gedruckte Elektronik, Wearbles, Diagnostik, Depression


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