Point-of-Care-Überwachung

Ultraschall-Pflaster zeichnet Organfunktionen auf

17. Februar 2020, 13:00 Uhr | Dr. Steve Stoffels, Dr. Xavier Rottenberg
Die Ultraschalltwechnik kennt man vor allem aus der Geburtshilfe.
© AdobeStock/PixieMe

Techniktrend | Die Ultraschalltechnik kann weit mehr als nur Aufnahmen aus dem Inneren des Körpers sichtbar zu machen. Pulsify Medical will aus dem Diagnoseverfahren eine Methode für das Patientenmonitoring entwickeln. Das heißt im ersten Schritt: Miniaturisierung auf die Größe eines Pflasters.

Pulsify Medical ist eine gemeinsame Ausgründung von Imec und der KU Leuven, die sich mit der Entwicklung von (am Körper tragbaren) Ultraschallgeräten für die nichtinvasive Echtzeitüberwachung lebenswichtiger Organfunktionen beschäftigt. Derartige Geräte können mit Softwarealgorithmen gesteuert werden und automatisch kontinuierlich Bilder aus dem Inneren des Körpers aufnehmen.

Das Gerät aus Belgien unterscheidet sich dahingehend von bestehenden Ultraschalltechniken, dass es sich um ein kostengünstiges Pflaster mit einer großen Fläche handelt, mit dem durch die Kombination von Hard- und Software automatisch physiologische Parameter gemessen werden können, ohne dass dazu das Eingreifen eines ausgebildeten Profis notwendig ist.

Unterschätze Technik

Fast jeder kennt die herkömmlichen Ultraschallgeräte vom Arzt oder aus dem Krankenhaus. Mit ihnen lassen sich nicht nur Bilder vom ungeborenen Kind im Mutterleib aufnehmen, sondern es gibt noch zahlreiche weitere Anwendungen im Krankenhaus, zum Beispiel die Aufnahme von Bildern einiger der wichtigsten Organe im menschlichen Körper.

Ultraschall wird heute hauptsächlich als diagnostisches Werkzeug verwendet. Dies bedeutet, dass der betreffende Spezialist bereits eine gute Vorstellung davon hat, auf welchen Bereich im Körper er sich konzentrieren muss, um ein Organ abzubilden oder den Zustand eines Fötus zu überprüfen. In der Praxis bedarf es für den Umgang mit einem Ultraschallgerät eines gut ausgebildeten und erfahrenen Experten, um den Ultraschallkopf korrekt zu positionieren und die gewünschten Bereiche im Körperinneren abzubilden.

Herkömmliche Ultraschallgeräte verwenden piezoelektrische Kristalle, um die Schallwellen zu erzeugen und die im Körperinneren reflektierten Signale wieder aufzunehmen. Piezoelektrische Kristalle sind jedoch relativ groß und lassen sich schlecht in integrierte Schaltkreise einbauen, wodurch die Geräte letztlich immer eine gewisse Mindestgröße aufweisen. Aktuell findet eine Entwicklung dieser Sensoren hin zu einer wesentlich geringeren Größe und zur Integration in die Empfangselektronik statt.

Ultraschallgerät wird zum POC-System

Derartige Kompaktsysteme werden als sogenannte »Point of Care«-Systeme (POC) nutzbar sein. Das heißt, als Systeme, die direkt am Unfallort, im Rettungswagen oder in der Notfallaufnahme zum Einsatz kommen. Darüber hinaus werden sie auch in Hausarztpraxen oder vom Patienten in seinem häuslichen Umfeld genutzt. So stellt POC-Ultraschall (POCUS) für Ärzte eine Alternative beispielsweise für die Untersuchung des Herzens dar.

Mit dieser Technik lässt sich zusätzlich zur Untersuchung der vom Organ erzeugten Geräusche mit dem Stethoskop und der vom Herzen ausgehenden elektrischen Spannungen (Elektrokardiogramm) auch die mechanische Aktivität des Herzens untersuchen, in dem man dessen Bewegungen sichtbar macht.  Der entscheidende Durchbruch für diese Art von Geräten liegt in der Verwendung eines mikrofabrizierten Ultraschallwandlerarrays, das in die übrige Elektronik integriert wird.

Pflaster 2.0 setzt auf Algorithmen

Auch wenn die POCUS-Systeme portabel und relativ kostengünstig sind, benötigen sie immer noch eine ausgebildete Fachkraft, um die Daten korrekt abzurufen und die Ergebnisse zu interpretieren. Infolgedessen können Messungen nur gelegentlich vorgenommen werden, die Überwachung über einen längeren Zeitraum hinweg und unabhängig vom Aufenthaltsort der Person ist nicht möglich.

So entstand die Idee, ein flexibles »smartes« Pflaster zu entwickeln, das direkt auf dem Körper angebracht wird und groß genug ist, um ein vollständiges Organ abzudecken. Mithilfe von  Algorithmen kann es  physiologische Parameter im Inneren des Körpers über einen längeren Zeitraum hinweg überwachen. Einen realen Bedarf für solche nichtinvasive Überwachungsmethoden  gibt es zum Beispiel auf der Intensivstation, wo akute Ereignisse das Leben des Patienten gefährden können.

Autoren: Dr. Steve Stoffels ist Gründer und Vizepräsident von Pulsify Medical,  Dr. Xavier Rottenberg Wissenschaftlicher Leiter am Imec

Schlagworte: Patientenmonitoring, Wearables, Smarte Pflaster, Point-of-Care (POC)

Genannte Firmen: Pulsify Medical, Imec, KU Leuven


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