Herzinfarkt bei Frauen

KI prognostiziert weibliches Risiko

30. August 2022, 13:52 Uhr | Ute Häußler
Ein aktuer Herzinfarkt führt bei Frauen oft zu Bauchschmerzen, die in den Rücken ausstrahlen – und wird deshalb häufig nicht als solcher erkannt.
© Universität Zürich

Frauen, die einen Herzinfarkt erleiden, haben eine höhere Sterblichkeitsrate als Männer. Eine bessere Risikoanalyse mit KI soll das ändern.

Die höhere Sterblichkeit von Frauen, die einen Herzinfarkt erleiden bereitet Kardiologen seit Jahrzehnten Sorge und hat zu medizinischen Kontroversen über die Ursachen und Auswirkungen allfälliger Behandlungslücken geführt. Das Problem fängt bei den Symptomen an: Im Gegensatz zu Männern, die meist einen schmerzhaften Druck auf der Brust mit Ausstrahlung in den linken Arm verspüren, führt ein Herzinfarkt bei Frauen häufig zu Bauchschmerzen und einem Ausstrahlen in den Rücken oder Übelkeit und Erbrechen. Diese Symptome werden aber von den Betroffenen und den erstbetreuenden Ärztinnen und Ärzten oft falsch interpretiert – mit verhängnisvollen Folgen.

Unterbehandlung von Frauen

Ein internationales Forschungsteam der Universität Zürich (UZH) hat die Rolle des biologischen Geschlechts bei Herzinfarkten nun genauer untersucht. «Unsere Untersuchung zeigt, dass sich Frauen und Männer in ihrem Risikofaktorprofil bei der Aufnahme ins Krankenhaus deutlich unterscheiden. Auch das Krankheitsbild von Frauen und Männern mit Herzinfarkt ist unterschiedlich», sagt der Leiter der Forschungen Professor Thomas F. Lüscher.

Die Forschenden haben die Daten von 420'781 Patientinnen und Patienten aus ganz Europa mit der häufigsten Art von Herzinfarkt analysiert. »Die Studie zeigt unter anderem, dass etablierte Risikomodelle, die das derzeitige Patientenmanagement steuern, bei Frauen weniger genau sind und die Unterbehandlung weiblicher Patienten begünstigen«, sagt Erstautor Florian A. Wenzl vom Zentrum für Molekulare Medizin der UZH. »Mit Hilfe von maschinellem Lernen und den grössten Datensätzen in Europa haben wir einen neuartigen Risikoscore entwickelt, der geschlechtsspezifischen Unterschiede im Risikoprofil berücksichtigt und die Vorhersage der Sterblichkeit bei Frauen und Männern verbessert«, so Wenzl.

KI-basiertes Risiko für individuelle Versorgung

»Unsere Studie läutet die Ära der künstlichen Intelligenz in der Behandlung von Herzinfarktpatienten ein«, sagt Wenzl. Moderne Computeralgorithmen können aus grossen Datensätzen lernen und genaue Vorhersagen über die Prognose einzelner Patienten und Patientinnen treffen. Und diese sind wiederum der Schlüssel zu individualisierten Behandlungen. »Wir hoffen, dass der Einsatz der neuen Risikobewertung die derzeitigen Behandlungsstrategien verfeinern, geschlechtsspezifische Ungleichheiten verringern und letztlich das Überleben insbesondere von Frauen mit Herzinfarkt verbessern wird«, sagt Forschungsleiter Lüscher.


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