Kardiologie digital

Smarte Hilfe für das kranke Herz

20. Mai 2020, 8:30 Uhr | medical design
v.l.n.r.: Prof. Dr. med. Alexander Leber, Patrick Palacin und Dr. med. Georges von Degenfeld-Schonburg
© iAtros

iAtros bietet Online-Test für Corona-Risikopatienten

Aktualisiert 9. Juli 2021, 07:56 Uhr

Themenwoch mHealth

Das digitale Herzzentrum iAtros bietet einen Online-Risikotest für Herz-Kreislaufpatienten und ruft die »Corona-Herz-Hilfe« ins Leben. Damit bietet das Unternehmen einer großen Risikogruppe eine digitale Anlaufstelle und Vernetzung mit ihren Kardiologen. Der Gründer Prof. Dr. med. Alexander Leber ist Chefarzt der Klinik für Kardiologie am Isarklinikum in München. Seit der Coronavirus Bayern erreicht hat, sieht er seine Patienten kaum mehr. Dafür klingelt sein Telefon im Minutentakt: »Unsere Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankung sind aktuell sehr verunsichert. Sie fragen sich, ob sie im Falle einer Infektion mit einem schweren Verlauf rechnen müssen – und sind bei der Eigenrecherche mit widersprüchlichen Informationen konfrontiert. Wir wollen ihnen medizinisch fundierte Antworten geben und ihnen eine digitale Anbindung für zu Hause bieten und sie damit durch diese schwierige Zeit begleiten.«

Gemeinsam mit seinem Mitgründer Dr. med. Georges von Degenfeld hat er deshalb die »Corona-Herz-Hilfe« ins Leben gerufen. »Unsicherheit begegnet man meiner Erfahrung nach am besten mit Information. Deshalb haben wir den Corona-Risikotest für Herzpatienten entwickelt, der mit gezielten Fragen ermittelt, ob ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf bei einer möglichen Coronavirus-Infektion besteht«, erklärt von Degenfeld den Test. Wir haben mit dem Start-up über die neue Online-Anlaufstelle und die Idee sowie die Motivation von iAtros gesprochen. 

Was genau verbirgt sich hinter der Corona-Herz-Hilfe?

Die Corona-Herz-Hilfe ist die Nachrichtenplattform für Herz-Kreislauf-Patienten. Hier ermittelt ein neu entwickelter Risikotest die Wahrscheinlichkeit für einen schweren Verlauf nach einer Coronavirus-Infektion. Eine virtuelle Sprechstunde sowie aktuelle Informationen und Nachrichten liefern Antworten auf die drängenden Fragen rund um Corona und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 

Welche Hilfe erhalten Patienten und Patientinnen konkret?

Bei Bedarf können Herzpatienten sich dann in digitale Gesundheitsprogramme einschreiben, über die sie mit ihren Kardiologen vernetzt werden. Diese Programme ermöglichen eine Eigendiagnostik über Wearables (zum Beispiel EKG), einen digitalen Medikationsplan, online Beratung über ein Telekardiologiezentrum und sogar Rezeptausstellungen.

Welche Kosten fallen für die Mediziner und Medzinerinnen an?

Kardiologen und Kliniken wird die Plattform während der Pandemie kostenfrei zur Verfügung gestellt, sodass sie den aktuell erschwerten Zugang zu Routinebesuchen in Klinik und Praxis kompensieren können. Herzpatienten können so auch in Coronazeiten optimal betreut werden.

Kurz gesagt: iAtros vernetzt Ärzte und Herzpatienten. Könnt ihr das genauer erklären beziehungsweise wie lautet eur Elevator-Pitch?

Herz-Kreislauferkrankungen sind die häufigste Todesursache in Deutschland. Punktuelle Kontakte mit dem Arzt reichen für eine optimale Behandlung nicht aus. Der Behandlungserfolg nach kardiovaskulären Interventionen und Operationen kann durch eine kontinuierliche und langfristige Betreuung signifikant verbessert werden. Todesfälle und kostspielige Rehospitalisierungen können in Größenordnungen von 30-50 % reduziert werden.

Deshalb hat ein Team*  die digitale Herzklinik »iAtros« gegründet – eine voll integrierte Plattform, die 24/7 eine bessere medizinische Versorgung für Herz-Kreislauf-Patienten gewährleistet. Mit smarter Sensoren-Diagnose via Health-Tracker, Vitalparameter-Datenbank, Therapie- und Medikationsplan und Telearzt. Damit sprechen wir alle Herz-Kreislauf-Patienten und Menschen mit Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie ihre Angehörigen an.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen?

Prof. Dr. med. Alexander Leber beobachtete als Direktor und Chefarzt des Isarklinikum Herzzentrums zunehmend die Problematik, kardiologische Patienten mit ihrer Multimorbidität optimal und vor allem kontinuierlich zu betreuen. Patienten werden immer mobiler und besitzen oftmals bereits eigene Diagnostiktools in Form von Health-Trackern und Gesundheit Apps, bleiben aber auch damit oft verunsichert und fehlinformiert zurück.

Ihm kam die Idee, seine Patienten digital und kontinuierlich anzubinden, um mittel- bis langfristig den Behandlungserfolg durch optimales Coaching und Monitoring zu optimieren. Gleichzeitig war ihm dabei wichtig, seine Patienten bei Problemen auch telemedizinisch beraten zu können, um ihnen unnötige Rehospitalisierungen zu ersparen. Bei der Suche nach geeigneten und bereits auf dem Markt verfügbaren Lösungen zeigte sich, dass keinerlei adäquate und praktikable Lösungen im gewünschten Funktionsumfang existieren.

Was war bisher euer größter Erfolg?

Die Erfüllung der Medizinproduktrichtlinie MDD 93/42/EWG. (Wird im April bestätigt)  Damit sind wir kein Lifestyle-Produkt mehr, sondern ein zertifiziertes Medizinprodukt. Außerdem konnten wir im April 2020 Patienten zum Thema Corona telemedizinisch beraten.

Und wo seht ihr euch in fünf Jahren?

iAtros soll das Leben von Menschen mit chronischen Krankheiten verbessern, weit über Herz-Kreislauf-Erkrankungen hinaus. Deshalb wollen wir unser Produkt für viele chronische Indikationen erweitern. Auch in Zukunft wollen wir anderen Medizinprodukt-Herstellern ermöglichen, über unsere Plattform ihre Lösungen Leistungserbringern und Patienten zur Verfügung zu stellen. So arbeiten wir bereits heute an der Integration eines externen Ernährungscoachings in unsere App.

Zum Schluss ein kurzer Blick in die Glaskugel: Wie sieht die Medizin der Zukunft aus?

Die Medizin der Zukunft rückt den Menschen als Individuum und seine Bedürfnisse mehr denn je in den Mittelpunkt. Der Patient kennt seine Diagnose, wird darüber informiert, wie er gemeinsam mit seinem Arzt seine Gesundheit verbessern kann. KI-gestütztes Monitoring und Diagnosen verbessern das Wohlbefinden und Sicherheitsgefühl des Patienten, erhöhen den Behandlungserfolg durch zunehmend personalisierte Medizin, sparen Ärzten und Pflegepersonal aber auch Zeit, die sie in die Versorgung von weiteren Patienten und in die Forschung investieren können.

Vielen Dank für das Gespräch!

Mehr Informationen zur Corona-Herzfilfe finden Sie unter www.corona-bei-herzpatienten.de

*Prof. Dr. med. Alexander Leber (Direktor und Chefarzt des ISAR-Herzzentrums), Dr. med. Georges von Degenfeld-Schonburg (ehemaliger Vice President bei Bayer Pharma und Telearzt bei Medgate), dem Telemedizin-Experten Patrick Palacin (ehemaliger Founder & CTO von TeleClinic) und den erfahrenen Managern Jens Schäfer (ehemaliger Finanzdirektor der AOK Berlin) und Prof. Wolfram Winter (ehemaliger Executive Vice President Communications Sky Deutschland


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