Start eines neuen EU-Projektes

Das Digitale Ohr

28. Februar 2023, 13:30 Uhr | Infineon
Unter Leitung von Infineon Österreich arbeiten 27 Projektpartner in dem neuen EU-geförderten Projekt.
© Hannes Pacheiner

Im Forschungsprojekt »Listen2Future« sollen kleinste Mikrofon- und Ultraschallsensoren entwickelt werden. Präzise Mini-Hörgeräte, schnelle Infektionskontrollen bei Säuglingen oder tragbare Ultraschall-Pflaster sind mögliche MedTech-Anwendungen.

Als Sinnesorgane der Technik spielen kleinste Sensoren wie Mikrofone und Ultraschallsensoren eine wichtige Rolle. Sie erfassen als »digitale Ohren« akustische Signale und erlauben schnelle Untersuchungen. Die Forschungen von »Listen2Future« sollen die Leistung bestehender Akustik-Systeme deutlich verbessern und auch völlig neue Gesundheitslösungen hervorbringen. 27 Partner aus 7 Ländern werden unter Leitung von Infineon Österreich am EU-Projekt arbeiten.

Digitale Innovationen für die Medizin

Ziel ist es, kleinste mikro-elektro-mechanische Sensoren, kurz „MEMS-Sensoren“, zu global wettbewerbsfähigen Kosten in die Serienproduktion zu bringen und sie für eine Vielzahl von Anwendungen für die Industrie und Medizin bereitzustellen. Die Forschungen werden höhere Bildauflösungen bei Ultraschallsonden, robuste Mini-Hörhilfen mit erstklassiger Klangqualität und geringem Energieverbrauch hervorbringen. Im Fokus stehen auch tragbare Ultraschall-Pflaster etwa zur Früherkennung von Herzkrankheiten und Ultraschallgeräte für schnelle Infektionskontrollen bei Säuglingen.

Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende von Infineon Technologies Österreich sagte zum Projektauftakt: »An den Schnittstellen von Disziplinen finden häufig große Innovationsschritte statt. Das trifft besonders dort zu, wo Medizin auf Mikroelektronik trifft, weil wir Körpersignale deutlich präziser nachweisen und messen können. Daraus entstehen wesentliche Verbesserungspotenziale für die Gesundheitsversorgung.«

MEMS-Sensoren für die medizinische Akustik

Adam White, Leiter der Sparte Power & Sensor Systems, ergänzt: »Halbleiter spielen dabei eine zentrale Rolle. Sensoren erfassen Daten, Mikrokontroller verarbeiten sie und leiten sie weiter. Mit der MEMS-Forschung können wir erstklassige akustische Sensorsysteme entwickeln und in Kombination mit hocheffizienten Prozessoren und Künstlicher Intelligenz dank unserer Expertise in diesem Bereich das gesamte System zusammen mit unseren Forschungspartnern auf ein neues Niveau heben.«

Europa nimmt bei MEMS-Sensoren mit einem weltweiten Marktanteil von mehr als 40 Prozent bereits heute eine führende Position ein. Die Ergebnisse aus diesem Forschungsprojekt sollen die Marktposition europäischer Unternehmen weiter stärken.

Schall präzise erfassen und sichtbar machen

Kleinste MEMS-Mikrofone sorgen in Hörgeräten und Hörsonden, im Smartphone oder Freisprecheinrichtungen für eine perfekte Klangqualität bei geringem Energieverbrauch. In der Medizin gehört Ultraschall zu den gängigsten Untersuchungen und wird in der Schwangerschaftskontrolle, der Untersuchung von Schilddrüse, Leber oder Herz eingesetzt. Die Industrie nutzt Ultraschall, um Reibung, Vibrationen und Schadstellen zu 'hören'. Damit werden in der Instandhaltung und vorausschauenden Wartung Probleme leichter und schneller geortet. Doch noch haben die Geräte ihre Grenzen: Sie arbeiten nicht in jedem Frequenzbereich gleich gut, liefern nur Momentaufnahmen und sind oft groß und teuer. Das »Listen2Future« Forschungsteam widmet sich diesen Herausforderungen.  

Neue Generation von Schallwandlern

Das Team arbeitet an kleinen, piezo­elek­tri­schen Ultraschallsensoren und Mikrofonen basierend auf neuartigen, flexiblen Dünnschichtmaterialien. Durch neue Materialien und Sensor-Konzepte soll die Elektronik präzisere Signale und Bilder bieten sowie ein höheres Klangerlebnis liefern, und zudem auch dehnbar und flexibel anpassbar sein und dabei wenig Energie verbrauchen. Die Forschungen laufen über die gesamte Entwicklungskette –  vom Material, dem Design, der Signalverarbeitung, den Aufbau- und Verbindungstechnologien, Softwareentwicklungen und Künstlichen Intelligenz Algorithmen bis hin zur miniaturisierten und integrierbaren Systemlösung. Am Ende wird das gesamte System intelligenter, kleiner, robuster, stromsparender und mobiler.

Praxisfall 1: Mini-Hörgeräte verbrauchen weniger Strom

In Europa leben rund 34 Millionen Menschen mit einer verminderten Hörleistung, doch nur etwa jeder dritte Betroffene lässt sich professionell unterstützen und nützt Hörgeräte. Kleinere und leicht handhabbare Hörgeräte würden die Akzeptanz deutlich erhöhen und die Gesundheitliche Versorgung verbessern. Die Weiterentwicklungen bei MEMS-Piezomikrofonen sollen kleinste, robuste, wasserdichte Designs ermöglichen und durch effiziente Energiewandlung den Stromverbrauch um mehr als 15 Prozent senken. Der Nutzerkomfort wird verbessert, die Lebensdauer der Batterie der Hörgeräte verlängert.

Praxisfall 2: Präziser Ultraschall für Säuglinge erkennt Infektionen

Mit neuartigen miniaturisierten Ultraschallsonden wird die Diagnose von Infektionen und lebensbedrohlichen Erkrankungen bei Säuglingen wie etwa Meningitis schnell, einfach, schmerzfrei und nicht-invasiv ermöglicht. Hochintegrierte und kostengünstige MEMS-Technologien aus dem „Listen2 Future“ Projekt machen die Geräte auch für den breiten Einsatz, etwa außerhalb des Krankenhauses und in Entwicklungsländern leistbar. Die Forschungsergebnisse können dazu beitragen, die Sterblichkeitsrate von Neugeborenen in Entwicklungsländern weiter zu senken.

Praxisfall 3: Tragbares Pflaster zur Herzkontrolle

Das Projekt soll auch die Entwicklung von flexiblen Ultraschall-Pflastern entscheidend voranbringen. Mit tragbaren Ultraschallpflastern werden dauerhafte, kontinuierliche und nicht-invasive Herzkontrollen möglich, um etwa die Herzleistung, Insuffizienzen und das Pumpvolumen zu überprüfen. In Zukunft könnten die Patienten mit dem auf der Brust befestigten Pflaster schmerzfrei von zu Hause aus ihre Herzleistung kontinuierlich überwachen. Die Ärzte erhalten mehr Informationen für eine bessere medizinische Behandlung und die Krankenhausaufenthalte werden reduziert.

Projekt mit Laufzeit bis 2026

Das Projekt »Listen2Future« - Acoustic sensor solutions integrated with digital technologies as key enablers for emerging applications fostering Society 5.0 - läuft drei Jahre und umfasst ein Projektvolumen von rund 30 Millionen Euro. Es wird aus Investitionen der Industrie, Förderungen der einzelnen beteiligten Länder sowie dem KDT-JU (Key Digital Technologies Joint Undertaking) Programm der Europäischen Union finanziert. Die beteiligten 27 Unternehmen spiegeln das Zusammenspiel aus Wissenschaft und Wirtschaft, aus der Material-, Halbleiter, Elektronik- und Medizintechnik, der Forschung und Softwareentwicklung aus ganz Europa wider:

Österreich: Infineon Technologies Austria AG (Projektleitung), Silicon Austria Labs GmbH, GE Healthcare Austria GmbH & Co OG | Belgien: Pulsify Medical BV, IMEC Interuniversitair Micro-Electronica Centrum | Tschechien: Vysoke Uceni Technicke v Brne, Ustav Teorie Informace a Automatizace av cr VVI, Institut Mikoelektronickych Aplikaci SRO | Deutschland: Hahn-Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung EV, Codasip GmbH, Infineon Technologies AG, Infineon Technologies Dresden GmbH & CO KG, Inoson GmbH, Path Medical GmbH, Technische Universität Darmstadt, Technische Universität München | Niederlande: Solmates BV, Sonion Nederland BV, Universiteit Twente | Norwegen: Elliptic Laboratories ASA, Sintef AS, Sonitor Technologies AS | Spanien: Agencia Estatal Consejo Superior de Investigaciones Cientificas, Dasel SL, New Born Solutions, SMD Inductor de Analgesia SL, Universidad de Granada (uh)

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