Prothesen

Transfer von der Veterinär- in die Humanmedizin

14. April 2021, 14:30 Uhr | Evonik
Am Massachusetts General Hospital in Boston wird das PEEK-Biomaterial auf Herz und Nieren geprüft.
© Evonik

Evonik will mit PEEK die Lebensdauer von Gelenkprothesen verlängern

Evonik erforscht die Möglichkeiten, den in der Medizintechnologie bewährten Hochleistungskunststoff Vestakeep (PEEK) für komplexe Gelenkprothesensysteme einzusetzen. Das Spezialchemieunternehmen greift dabei auf die Expertise der Fachmediziner des Zentrums für Knie- und Hüftersatz des Massachusetts General Hospitals in Boston (USA) zurück.

Sollte das Vorhaben gelingen, könnte die Lebensdauer von Gelenkprothesen signifikant verlängert werden. In der Folge wären Revisionseingriffe oder jahrelange Schmerztherapien verzichtbar. Der Einsatz PEEK-basierter Hüftprothesen in der Veterinärmedizin des Schweizer Unternehmens Kyon unterstützt den Innovationsansatz von Evonik.

PEEK als Materialkomponente 

Gelenke sind komplexe Bewegungsapparate, die wichtige anatomische Funktionen erfüllen und dabei stets starken Belastungen ausgesetzt sind. In seinem Medical Device Competence Center in Birmingham, im US-Bundesstaat Alabama, verfolgt Evonik die Idee, die bereits am Markt etablierten Gelenkprothesensysteme der Humanmedizin auf Schwachstellen zu analysieren und eine Lösung mit seinem Hochleistungskunststoff zu entwickeln.

»Wir prüfen den Einsatz von Vestakeep in menschlichen Gelenkprothesen, um eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität bei Patienten zu erzielen«, erklärt Marc Knebel, Leiter des Marktsegments Medical Systems bei Evonik. So haben das Unternehmen beispielsweise gelernt, PEEK als eine Materialkomponente in komplexen Gelenkprothesensystemen zu betrachten, die in die bestehenden Technologien nach einem Baukastenprinzip integriert werden kann.

Lebensdauer von Gelenkprothesen  verlängern  

Gelenkprothesensystemen mit PEEK als Materialkomponente
Gelenkprothesensystemen mit PEEK als Materialkomponente
© Evonik/Kyon

Die heutigen Gelenkprothesensysteme überzeugen in puncto Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit. Allerdings bilden Reibungspartner – sogenannte Inlays wie beispielsweise zwischen dem Kopf und der im Knochen verankerten Schale einer Hüftprothese - die primäre Schwachstelle heutiger Technologien.  »Unser tribologisches PEEK Biomaterial könnte in Zukunft den entscheidenden Unterschied ausmachen und die Lebensdauer einer Hüftprothese um das Vierfache verlängern«, sagt Knebel. 

Wenn es soweit ist, könnten Millionen Patienten weltweit auf jahrelange schmerzlindernde Therapien verzichten. Diese sind oft notwendig, um ein bestimmtes Alter für den operativen Eingriff zu erreichen, damit die Wahrscheinlichkeit einer risikobehafteten Revision im fortgeschrittenen Alter reduziert werden kann.

»Das regulatorische Zulassungsverfahren in der Humanmedizin orientiert sich streng am Mehrwert für Patienten. Wir müssen diesen Mehrwert ausreichend nachweisen, um Partner für weitere Entwicklungsschritte zu gewinnen. Aus diesem Grund kooperieren wir mit dem Massachusetts General Hospital (MGH) in Boston, testen in dessen professionellen Laboren unser Material auf tribologische Eigenschaften und erhalten wertvolle Rückmeldungen, die uns einen Schritt weiterbringen«, so Knebel.

Innovationsszenario aus der Tiermedizin

Das Biomaterial von Evonik wird bereits erfolgreich in Hüftprothesensystemen für Haustiere wie Hunde und Katzen des Schweizer Unternehmens Kyon eingesetzt. Das Herzstück sei ein Reibungspartner aus dem PEEK-Biomaterial von Evonik mit einem zusätzlichen kohlefaserverstärkten PEEK-Ring zwischen dem keramischen Kopf und der Schale. Unveröffentlichte Daten deuten darauf hin, dass der lineare Verschleiß mit Keramik auf PEEK im Vergleich zu konventionellen Materialpaarungen um den Faktor sieben reduziert wird. 

Circa 6.000 erfolgreich durchgeführte Hüftgelenkersatzeingriffe ohne eine einzige Revision aufgrund des Inlay-Verschleißes und genauso viele zufriedene Hunde sowie fünf Jahre sorgfältiger Dokumentation bestätigen den Erfolg des PEEK-basierten Hüftprothesensystems. (me)
 


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