Medtec Live: Brennpunkt 3D-Druck

Nano-3D-Druck für smarte Sensoren

3. Mai 2019, 14:30 Uhr | Jens Fuderholz
Nicht nur eine Frage der Größe: Beim 3D-Druck für die Medizin spielt auch das Material eine entscheidende Rolle.
© gorodenkoff/iStock

Die Vielfalt medizinischer Sensorik wird auch bei einem Besuch der Fachmesse Medtec Live vom 21. bis zum 23. Mai in Nürnberg deutlich. Hier stellen Zulieferer der gesamten Wertschöpfungskette der Medizintechnik aus, Komponenten wie Nanosensoren inklusive.

Sensoren, die in unserer Blutbahn schwimmen, tumorzerstörende Nanoroboter und elektronische Adleraugen in Kleinstgröße – auch in der Medizintechnik hält die Nanotechnologie ihren Einzug. Manches davon lässt sich mithilfe eines Nano-3D-Druckes realisieren. Nicht zuletzt auch im Bereich der Sensorik bieten sich so Möglichkeiten, die vor Jahren noch nicht denkbar waren. Doch was davon ist heute schon möglich und was erträumen sich die Experten für die Zukunft?

»Ein Sensor wandelt in der Regel ein physikalisches oder chemisches Eingangssignal in ein elektrisches Ausgangssignal um«, erklärt Prof. Dr. Matthias Rebhan, Professor der Fakultät für Wirtschaftsingenieurwesen an der Hochschule München. »Sensoren, die in der Medizin eingesetzt werden, liefern dem Arzt beispielsweise Daten über den Zustand von Körperfunktionen«, ergänzt Prof. Harald Fuchs, Direktor am Physikalischen Institut der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. So gibt es etwa Sensoren, die die Glukosekonzentration im Körper messen, Herzschrittmacher automatisch steuern oder die Muskelspannung messen.

Das Besondere an Nanosensoren ist, dass sie deutlich kleiner sind. »Ein Nanodehnungssensor ist lediglich 0,3 Mikrometer lang und breit«, erklärt Dr. Konstantin Kloppstech, Technischer Leiter bei Nano­scale. Damit habe ein menschliches Haar einen rund 250-mal so großen Durchmesser wie ein Nanosensor lang ist. Anders formuliert: »Es können rund 900 Nanosensoren auf dem Umfang des menschlichen Haars gedruckt werden«. Ein großer Vorteil ist das vor allem für Sensoren, die direkt in den Menschen implantiert werden. Diese werden vom Körper in der Regel automatisch als Fremdkörper angenommen, woraufhin sich das Immunsystem wehrt. Je kleiner der Sensor also ist, desto weniger reagiert der Körper. Zudem könne er minimalinvasiv eingesetzt werden. Die Nanotechnologie hat also das Zeug, in der Medizintechnik Großes zu bewirken.

Das richtige Material 

Nicht nur die Größe, auch das Material spielt für die Verträglichkeit eine wesentliche Rolle: »Für den Einsatz im oder am menschlichen Körper ist es wichtig, dass die Sensoren biokompatibel sind, das heißt, dass sie keine Abstoßungsreaktionen hervorrufen«, so Fuchs. In der Regel seien das Entzündungen. Gerade, wenn die Sensoren aus Metall bestehen, wie etwa aus Titan, ist es ein gängiges Vorgehen, diese zusätzlich mit einer äußeren Schutzschicht zu überziehen. Denn umgekehrt ist es ebenso wichtig, dass der Sensor die physiologische Umgebung im Körper verträgt. »Das bedeutet, er darf keinesfalls korrodieren«, gibt Rebhan zu bedenken. »Wenn ein solcher Nanosensor gut gemacht ist, ist er für den Menschen nicht schädlich«, kann Fuchs beruhigen.

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Point-of-Care-Test (Nano-Immuno-Assay) mittels eines Mikro-Biegebalkens: (Cantilever): Der Can­tilever hat eine für den Analyten hoch spezifische Fängerschicht (oben). Bei Kontakt zwischen Ana­lyten und Fängerschicht entsteht eine kleine Verbiegung auf dem Cantilever, die mit dem Nano­sensor (rote Markierung) als elektrisches Signal präzise vermessen werden kann (unten).
© NanoScale

»Der stärkste Vorteil der Nanosensoren liegt darin, dass diese sich in einem 3D-Nano-Druck-Prozess auf nahezu beliebige Materialien aufdrucken lassen«, erklärt Kloppetsch. Damit können zum Beispiel Standard-MEMS-Materialien wie Siliziumoxid und Siliziumnitrid, Keramiken, Glas, Polymere aber auch biokompatible Materialien wie Titan mit der Eigenschaft versehen werden, Kräfte und Drücke unmittelbar am Material zu messen. Um Sensoren auch in Kleinstgröße produzieren zu können, findet der Nano-3D-Druckprozess in einem erweiterten Elektronenstrahlmikroskop im Vakuum statt. Es handelt sich dabei um ein patentiertes Verfahren – als Nano-3D-Sense bezeichnet. Die Idee dahinter ist folgende: »Das gasförmige Ausgangsmaterial des Nanodehnungssensors, ein sogenanntes metallorganisches Prekursorgas, wird über eine feine Kapillare bereitgestellt. Mittels eines fokussierten Elektronenstrahls, dessen Durchmesser nur wenige Nanometer beträgt, wird dieses Ausgangsmaterial zersetzt«, so Kloppstech. Das Material des Nanosensors bildet sich hierdurch an Ort und Stelle auf dem gewünschten Material. Dabei wird das Sensormaterial nur dort gebildet, wo der Elektronenstrahl auf das Substratmaterial trifft. Hierdurch können, dank des feinen Elektronenstrahls, sehr kleine Sensoren an definierten Orten hergestellt werden. Um den Nanosensor elektrisch kontaktieren zu können, muss das Substratmaterial Mikroelektroden tragen.

Doch nicht nur Sensoren selbst, auch dazugehörige Features können mittels Nano-3D-Druck entstehen. So haben Forscher der Universität Stuttgart eine Art elektronisches Adlerauge entwickelt: ein Sensor mit vier aufgedruckten, winzigen Linsen unterschiedlicher Brennweite, der gestochen scharfe Bilder liefert. Eingesetzt in der Diagnostik, beispielsweise bei der Endoskopie, könnte ein derartiges Konstrukt – insbesondere aufgrund seiner Funktion, in die entsprechenden Bereiche reinzoomen zu können – entscheidende Fortschritte ermöglichen. Die Linsen entstanden dabei mit einem 3D-Drucker von Nanoscribe.

Grenzen des Nano-3D-Drucks

Auch wenn Nano-3D-Druck immer kleinere Bauteile ermöglicht, so ist der Aspekt der Größe noch immer ein Punkt, an der andere Herstellungsverfahren einen Schritt voraus sind. Mit der Rasterkraftmethode, wie Fuchs sie beispielsweise anwendet, sind Kleinstgrößen von bis zu 40 nm möglich, obenauf Strukturen mit der Präzision von einem Nanometer. »Streng genommen sind die Erzeugnisse jedoch 2,5-dimensional«, so Fuchs. Ein solch präziser Druck sei mit einem 3D-Drucker nicht zu erzielen. Eine weitere Herausforderung. ist die Geschwindigkeit. Gerade, wenn zum Drucken nur eine oder wenige Düsen verwendet werden, könne die Produktion vergleichsweise lange dauern. »Der Nano-3D-Druck ist derzeit noch zu langsam für Applikationen, in denen beispielsweise viele Sensoren hergestellt werden sollen«, sagt Rebhan. Für die Massenproduktion von Sensoren sei sicherlich eine weitere Steigerung der Geschwindigkeit um einen Faktor 100 bis 1000 notwendig.

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3D-Nanodruck von Dehnungssensoren auf medizinischer Materialunterlage im Elektronenstrahlmikroskop: Eine Injektionskanüle stellt das gasförmige Ausgangs-Material für den 3D-Sensordruck zur Verfügung. Der fokussierte Elektronenstrahl formt den Nanosensor (rot) mit Nanometerpräzision zwischen den Mikroelektroden, die sich auf der Materialunterlage befinden.
© Nanoss

Doch mit der Zeit hat sich die Technologie immer weiterentwickelt. Zumindest was größere Strukturen betrifft, hat Nanoscribe laut eigener Aussage Ende letzten Jahres einen Meilenstein erreicht: Jetzt können auch bis zu 8 Millimeter hohe Objekte mit einer um den Faktor 10 gesteigerten Geschwindigkeit gedruckt werden. »Der Druck von Millimeterobjekten in Mikrometerpräzision braucht natürlich eine gewisse Zeit«, sagt Sales Manager Dr. Benjamin Richter. Aufgrund des digitalen Workflows biete diese Methode jedoch den Vorteil, individuell zu drucken. »So gelingt die Herstellung von Prototypen schneller als mit anderen Verfahren. Zudem wird es kostengünstiger, eine kleine Serie von unterschiedlichen Bauteilen anzufertigen«. Zu den Grenzen des Verfahrens, wenn es um Massenherstellung in hohen Stückzahlen geht, sagt Nanoscale-Geschäftsführer Dr. Alexander Kaya:» Als serielles beziehungsweise additives Verfahren lassen sich mit einem einzelnen Elektronenmikroskop derzeit ein bis zwei Millionen Sensoren pro Jahr fertigen«. Allerdings könne durch den parallelen Betrieb solcher Anlagen die Produktionsstückzahl beliebig skaliert und damit kostengünstig bereitgestellt werden.

Fazit & Ausblick 

Obwohl die Produkte aus dem Nano-3D-Druck im Bereich der Medizin große Chancen bieten, kommen sie in der Praxis noch nicht zum Einsatz. »Die meisten unserer Kunden sind Universitäten und Forschungseinrichtungen«, berichtet Richter. Auch die Sensoren von Nanoscale sind noch nicht auf dem Markt. Den entscheidenden Grund dafür nennt Kloppstech: »Technologische Entwicklungen im medizinischen Umfeld sind aufgrund geltender Regularien äußerst zeitintensiv«.

Eine Entwicklung hin von der Theorie zur Praxis wünscht sich Kaya: »Unsere Zukunftsvision ist es, neue Sensorsysteme mittels unserer Nanotechnologie in unterschiedlichen medizinischen Produkten sowie Sensoren für die industrielle Anwendung mittel- bis langfristig als neuen technologischen Standard zu etablieren«. Er denkt dabei zum Beispiel an die Technologie seines Unternehmens, Bioparameter wie Blut- oder Hirndruck mittels stark miniaturisierter Implantate messbar zu machen. Aufgrund ihrer Größe soll es zudem möglich sein, sie in minimalinvasiver Technik zu implantieren. Auch für Herzkatheter-Untersuchungen, die bisher mit einem hohen Aufwand und großem Risiko einhergehen, sollen die Produkte entscheidende Verbesserungen ermöglichen.

Aussteller zum Thema

3D MicroPront: Halle 9/Stand 751

MedNet: Halle 10/Stand 138

Askion: Halle 10/Stand 312

RAS: Halle 10/Stand 344

AIT: Halle 10/Stand 528

 


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