Leiterplatten

Neue Dimensionen dank Miniaturisierung II

29. Juli 2021, 16:00 Uhr | Klaus Haimlinger (AT&S)
Unterschiedliche Formen der Leiterbahnen: Oben das Ergebnis des subtraktiven Prozesses, unten die mittels mSAP-Verfahren optimierte senkrecht abfallende Kante der Leiterbahnen.
© AT&S

Embedded Component Packaging und Modified Semi-Additive Process

Um Patienten ein möglichst komfortables Leben zu ermöglichen, müssen medizinische Anwendungen immer kleiner werden – und das bei steigender Funktionalität. Der erste Schritt dafür ist die Miniaturisierung der Platine, die nur mithilfe neuer Leiterplatten- und Verbindungsverfahren umgesetzt werden kann. Während wir uns Teil I mit den Vorteilen und Möglichkeiten lexible und starr-flexibler Leiterplatten beschäftigt haben, geht im zweiten Teil unserer Serie um das Embedded Component Packaging sowie den Modified Semi-Additive Process.

Embedded Component Packaging

Eine weitere Möglichkeit, um Platz einzusparen, ist es, Komponenten in die Leiterplatte einzubetten. Das bedeutet, dass Komponenten, die bisher auf der Platinen-Oberfläche Platz finden mussten, in einer Innenlage der Leiterplatte »verschwinden«. Dadurch finden bei gleichbleibender Größe des Endgeräts mehr Bauteile auf der Leiterplatte Platz und erlauben so eine gesteigerte Funktionalität. Alternativ ist es auch möglich, dass der Funktionsumfang gleichbleibt, die Leiterplatte jedoch schrumpft, was wiederum kleinere Endgeräte ermöglicht. Bei entsprechend angepasstem Design ist sogar beides realisierbar. Dieses Embedded Component Packaging (ECP) wird durch ein spezielles Produktionsverfahren ermöglicht. Nachdem die jeweiligen Komponenten über spezielle Herstellungsschritte in eine Harzschicht integriert sind, werden die Anschlüsse über mit Kupfer gefüllte Micro Vias (Laserbohrungen) an kontaktiert.

Vereinfachte Darstellung des ECP-Prozesses: Durch Embedded Component Packaging wird einerseits Platz eingespart, andererseits die Wärmeableitung optimiert und eine bessere Abschirmung vor elektromagnetischer Strahlung erreicht.
Vereinfachte Darstellung des ECP-Prozesses: Durch Embedded Component Packaging wird einerseits Platz eingespart, andererseits die Wärmeableitung optimiert und eine bessere Abschirmung vor elektromagnetischer Strahlung erreicht.
© AT&S

Lötstellen für das verbaute Bauteil sind nicht notwendig und gleichzeitig feinere Designs an der Außenlage möglich. Das Einbetten ist auch die sicherste Methode, um äußere Einflüsse wie Stöße und Vibrationen vorzubeugen. Das Ergebnis ist ein kleineres, kompakteres Endgerät, das zusätzlich robuster und langlebiger ist. Zusätzliche Vorteile der Embedding-Technologie liegen in einer optimierten Wärmeableitung oder einer besseren Abschirmung vor elektromagnetischer Strahlung, was beispielsweise bei implantierter Elektronik einen nicht zu vernachlässigenden Aspekt darstellt. 

Wie und welche Komponenten auf diese Art in die Leiterplatte verbaut werden können, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab und kann von Anwendung zu Anwendung variieren. Bei AT&S fokussieren sich Experten auf diesen Bereich und erarbeiten gemeinsam mit Kunden passende Lösungen (Kasten). Dabei gilt: Je früher im Entwicklungsprozess die Zusammenarbeit beginnt, desto mehr Vorteile können genutzt werden. 

Ein Beispiel für den erfolgreichen Einsatz der ECP-Technologie ist im Bereich moderner und sehr kleiner Hörgeräte zu finden. Die Einbettung der Komponenten ermöglicht es, die Applikation so weit zu verkleinern, dass sie kaum sichtbar im Gehörkanal getragen werden kann.

Modified Semi-Additive Process

Das herkömmliche Verfahren, um das gewünschte Leiterbild zu realisieren, ist subtraktiv. Das heißt, dass die Bereiche, auf denen das leitende Kupfer bestehen bleiben soll, geschützt werden und ein Ätzprozess das überflüssige Kupfer entfernt. Allerdings hat dieser Ätzprozess zur Folge, dass die Kante des Leiterzuges nicht senkrecht abfällt, sondern einen Radius aufweist. Das hat den Nachteil, dass es bei sehr engen Abständen zu potenziellen Kurzschlüssen kommen kann. Im Gegensatz zu der konventionellen Methode wird das Kupfer mithilfe der mSAP-Technologie (mSAP = modified Semi-Additive Process) dort auf der Leiterplatte aufgebaut, wo es das Leiterbild vorgibt (= additiv). Somit entfällt der Radius und die Kante des Leiterzuges fällt senkrecht ab, wodurch immer kleinere Abstände beziehungsweise Leiterzugsbreiten ermöglicht werden. 

Durch den Einsatz der neuen Technologie können die Leiterzüge näher aneinanderrücken und ermöglichen es so, den Platzbedarf zu reduzieren – ohne das Design zu verändern. Neben den positiven Auswirkungen auf die Miniaturisierung ist die gerade Form auch vorteilhaft für höhere Frequenzen und vermeidet Signalverluste. Noch dazu ermöglicht mSAP komplexe Sandwich-Strukturen und die Leiterplatten werden nicht nur kleiner, sondern auch dünner. Das sind die Gründe, warum Mainboards von Smartphones und Smartwatches aber beispielsweise auch die von Hörgeräten mit der mSAP-Technologie gefertigt werden. Gerade im Medizinbereich nehmen die Funktionsumfänge bei Geräten zu und bedingen somit auch komplexere Schaltungen. 

Quellen

[1] K. Haimlinger: Neue Dimensionen in der Platinen-Miniaturisierung. medical design 1/2021 (27. März 2021), S. 30 – 31 (Hier geht’s zum kostenfreien ePaper)

[2] Informationen zum ECP-Verfahren von AT&S finden Sie unter https://ats.net/de/produkte-technologien/technologien/ecp/ 


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