»Dumme Fehler vermeiden«

Poka-Yoke-Umsetzungen für die Medizintechnik

4. März 2020, 8:30 Uhr | Detlef Fritsch
Die Philosophie von Poka-Yoke beginnt nicht erst in der Produktion, sondern bereits in der Produktgestaltung.
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Beim Poka-Yoke-Prinzip geht es darum, Fehler nicht nur zu korrigieren, sondern langfristig zu verhindern beziehungsweise abzuschalten. Das reduziert Fehlerketten und Kosten. In der Medizintechnik fangen die Überlegungen dazu schon bei den eingesetzten Steckverbindern an.

In der Medizintechnik sind besondere Bedingungen vorhanden – hier liegt der Fokus auf dem Menschen und dem Schutz des Menschen. Dazu gehört in der Umsetzung auch die Einhaltung von Sicherheitsstandards medizinischer Geräte, um alle Arten von Kontaminationen oder weiteren gesundheitsbeeinflussenden Verunreinigungen zu verhindern. Außerdem sind ein sicherer Umgang mit technischen Geräten und ein erhöhter Schutz gegen Stromschläge, Kurzschlüsse oder andere Einflüsse, die für den Anwender gefährlich sind oder zum Ausfall führen könnten, zu gewährleisten.

Das heißt, dass nicht nur die Überspannungssicherung funktionieren muss, sondern auch die Einzelverbindungen eine redundante Sicherheit garantiert ist.  Darauf basiert die IEC 60601-1, die neben den üblichen Normen für länderspezifische Gerätesicherheit wie VDE, UL (USA) und CSA (Kanada) die Norm für Geräte und Produkte, die in der Medizintechnik und in medizinischen Bereichen, definiert.

Bildergalerie: Poka-Yoke-Stecker von Weco

Kodierte Steckverbindersysteme haben den Vorteil, dass bei einer Wartung oder Reparatur ein Wiederanschluss ohne notwendige Dokumentation erfolgen kann und somit eine Zeitersparnis garantiert ist.
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Eine besondere Konstruktion der Gehäuse mit eingebauten »Schikanen«, also Verlängerungen der Kunststoffisolationswände, sorgt dafür, dass die Flüssigkeiten nicht an die stromführenden Teile kommen.
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Eine Kodierung mit Direktkontakt sorgt sorgen für die korrekte Positionierung und Ausrichtung der Klemme auf der Leiterplatte.
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Sie ist auch für Steckverbinder-Hersteller die Grundlage. Hier gelten insbesondere die Anforderungen in Hinsicht auf die Erstfehlersicherheit und die Temperaturstabilität. Das bedeutet, dass die für die Steckverbinder genutzten Kunststoffe erhöhten Temperaturanforderungen standhalten müssen. Das heißt, schwer entflammbar sind und zusätzlich höheren Temperaturen widerstehen.

Das Poka-Yoke-Prinzip

Ergänzend dazu ist eine Resistenz gegen Reinigungs- und Lösemittel auf Basis von Alkoholzusätzen unabdingbare Voraussetzung. Eindringende Flüssigkeiten dürfen in der Steckverbindung nicht zum Fehler oder gar zum Ausfall führen. Eine besondere Konstruktion der Gehäuse mit eingebauten »Schikanen«, also Verlängerungen der Kunststoffisolationswände, sorgt dafür, dass die Flüssigkeiten nicht an die stromführenden Teile kommen.

Die Sicherheitsvorkehrungen gegen Fehlbedienung erstrecken sich ebenfalls auf die Bauteile, um beispielsweise eine falsche Anschlussmöglichkeit durch zusätzliche mechanische Elemente zu vermeiden. Derartige Lösungen sind als »Poka Yoke« bekannt. Das Prinzip stammt ursprünglich aus dem japanischen und bedeutet so viel wie »unglückliche Fehler vermeiden«. Hierbei werden an Stellen, bei denen insbesondere Menschen im Produktionsablauf beteiligt sind, Maßnahmen ergriffen, um Fehler frühzeitig zu verhindern, die später zu hohen Kosten und Qualitätseinbußen führen könnten. Diese Maßnahmen sind mechanischer Natur, um dem Benutzer durch eine Blockade die Falschmontage unmöglich zu machen.

Beispiele für Poka-Yoke-Umsetzungen

Steckverbinder

Im Bereich der Steckverbinder und Leiterplattenklemmen stellt das unbeabsichtigte Fehlstecken zwischen Steckverbindersystemen oder dem verkehrten Aufsetzen der Klemme auf die Leiterplatte eine Fehlerquelle dar.  Als probate Lösungen werden zum Beispiel zusätzliche, einseitige Stecknasen verwendet, die ein mechanisches Verbinden nur in der richtigen Steckart erlauben.

Ferner können sowohl festkodierte Stecker- und Stiftleisten als auch eine variable Kodierung durch kleine Keile in einzelnen Polkammern, die vom Anwender selbst bestimmt werden, gewählt werden.  Kodierte Steckverbindersysteme haben den Vorteil, dass bei einer Wartung oder Reparatur ein Wiederanschluss ohne notwendige Dokumentation erfolgen kann und somit eine Zeitersparnis garantiert ist.  Weitere Beispiele sind farbig zusammengehörige Stecker-/Buchsenelemente oder vorgegebene Steckhilfen.

Leiterplattenklemmen

Bei Leiterplattenklemmen mit Lötstiften gibt es zwei Poka-Yoka-Ansätze:

  • Klemmleisten mit Buchsen mit zwei Lötstiften pro Pol
  • Klemmleisten mit Buchsen mit Lötstift größeren Durchmessers

Beide Möglichkeiten sorgen für die korrekte Positionierung und Ausrichtung der Klemme auf der Leiterplatte. 

Selbst im Segment der Klemmleisten sind diese Produkte für die korrekte Montage der Klemmen im Gehäuse realisiert. Spezielle, zusätzliche Rippen an der Gehäusegeometrie sorgen für eine eineindeutige Ausrichtung.

Wandtechnik bestimmt die Einhaltung von Luft- und Kriechstrecken

Um die Sicherheit beim Berühren von geöffneten Stecksystemen zu vermeiden, sind die Einzelkammern und/ oder die kompletten Gehäuse mit langen, zum Teil auch geschwungenen Kunststoffkammern und »Wände« zwischen den Kammern versehen, um die Einhaltung der Luft- und Kriechstrecken zu bestimmen. Diese Wandtechnik verhindert, dass Flüssigkeiten im Betrieb des Gerätes auf die Steckverbindung eindringen können und das Risiko eines Kurzschlusses auftritt.

Solche Basisanforderungen gibt es auch in der allgemeinen Industrie. Die in der Medizintechnik verwendeten Stecker und Klemmleisten sind daher generell mit den verwendeten Produkten vergleichbar. Die zusätzlichen mechanischen Vorkehrungen, Materialvoraussetzungen und ergänzenden Prüfungen sind unabdingbar, um dem Menschen mit der verwendeten Technik auch eine bestmögliche Sicherheit zu bieten.

Über den Autor: Detlef Fritsch ist Geschäftsführer der Weco Contact GmbH

Themen in diesem Artikel

Poka-Yoke-Prinzip, Elektromechanik/Passive Bauelemente, Steckverbinder, Klemmleisten


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