Digitaler OP

Verbesserter Workflow für mehr Effizienz

5. August 2019, 15:00 Uhr | Auke Meppelink (Brainlab)
Ein Operationssaal ist ein komplexes System. Mit fortschreitender technischer Entwicklung sowie der medizinischen Spezialisierung nimmt die Zahl der technischen Geräte im OP zu.
© Brainlab

Einen passgenau auf die Bedürfnisse von Ärzten und Pflegepersonal abgestimmten digitalen Operationssaal zu schaffen, stellt alle Beteiligten vor Herausforderungen. Neben der Infrastruktur ist ein Workflow sicherzustellen, der die Hard- und Software ebenso integriert wie die Patientendaten.

Operationssäle sind heute häufig überfüllt mit freistehenden Geräten sowie unterstützenden Systemen, die alle über eigene Schnittstellen oder Monitore verfügen. Das erschwert es Chirurgen und OP-Teams, einen klaren Überblick über alle verfügbaren Daten zu behalten. Hinzu kommt, dass Chirurgen, Pflegekräfte und Anästhesisten ihre eigenen perioperativen Systeme verlässlich im Blick haben müssen [1]. Abhilfe schafft ein umfassend integrierter, digitalisierter OP-Saal.

Wesentlicher Bestandteil ist die IT-seitige Integration aller Komponenten und Datenflüsse über eine gut konfigurierte Plattform, die sämtliche für den chirurgischen Eingriff benötigten Informationen bündelt. Die Bandbreite reicht von Screenshots, Videoaufzeichnungen oder nach dem DICOM-Standard (Digital Imaging and Communications in Medicine) gespeicherten Bildern bis zu Patienteninformationen. Die für diese Plattform notwendige Server-Software wird entweder auf einer Hardware oder einer virtuellen Maschine installiert. Sie fungiert als zentraler Datenknoten zwischen den Krankenhausarchiven wie HIS, PACS oder VNA und einem im OP installierten Informations- und Kontrollzentrum.

Um ein effizienteres Arbeiten mit allen verfügbaren Daten während einer OP sicherzustellen, bedarf es weiterer Maßnahmen. Dazu zählt ein intelligenter Serverlastausgleich, der die Systemleistung trotz hoher Datenmengen stabil hält. Ein weiteres Element eines solchen zentralen Datenknotens sind herstellerunabhängige Bildarchive (Vendor Neutral Archive – VNA). Sie spielen eine wichtige Rolle beim schnellen Speichern der Daten, die während des Eingriffs erhoben werden. Diese Leistungsfähigkeit bieten VNA aber auch in der Gegenrichtung, wenn es während der OP um den Zugriff auf diese Daten geht. Langfristig in VNA gespeichert, lässt sich das Material über das KIS (Krankenhausinformationssystem) und die elektronische Patientenakte (ePA) auf allen Client-PCs abrufen. Weitere Vorteile des zentralisierten Software-Hostings sind verschlankte Krankenhaus-IT-Verbindungen, wodurch sich die täglichen IT-Wartungsarbeiten reduzieren.

Doch ein digitaler OP muss nicht alle Daten zum sofortigen Abruf vorhalten. Für bestimmte Anwendungen nutzen die Programme Kliniknetzwerk-Ressourcen außerhalb der Stoßzeiten. Ein Beispiel hierfür sind Patientenbilder für den nächsten Tag gemäß Health Level 7 (HL 7). Dabei handelt es sich um eine Gruppe internationaler Standards für den Austausch von Daten zwischen Organisationen im Gesundheitswesen und deren Computersystemen. Dank der HL-7-Integration können vorgeplante und in PACS (Picture Archiving and Communication System) gespeicherte Patienteninformationen für den jeweiligen OP-Saal hochgeladen und über Nacht vorverarbeitet werden. Damit sind sie am Folgetag bereits vor Beginn des ersten Eingriffs auf Multi-Touch-Screens verfügbar.

Die Software kann bereits im Voraus auch den OP-Plan für den kommenden Tag erstellen. Dies führt zu einer gestrafften Patientenliste, die ausschließlich die Daten für diesen Tag und diesen OP enthält. Dadurch entfallen Wartezeiten für das Suchen und Laden relevanter Informationen. Diese automatisierten Abläufe sorgen auch deshalb für eine erhöhte Patientensicherheit, weil sie relevante Informationen zur geplanten OP ebenso gut wahrnehmbar aufbereitet und anzeigt wie individuelle Risiken – etwa Vorerkrankungen oder Allergien.

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Brainlab gehört ohne Zweifel zu den Vorreitern in Sachen Digitaler OP. Davon kann man sich während einer Tour durch die Demoräume des Unternehmens in Riem überzeugen. Dabei zeigt sich: Es muss nicht immer die abwegigste Idee sein, um auf sich aufmerksam zu machen.

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Flexible Geräteintegration für mehr Effizienz

Neben softwareseitigen Aspekten ist auch das Zusammenspiel der Hardware eine wichtige Voraussetzung für den effizienten Betrieb eines digitalen OPs. Dazu gehören kompatible Anschlüsse unterschiedlicher Hardware- und Videoquellen an die entsprechende Plattform und damit an den Multi-Touch-Screen, beispielsweise Mikroskope, robotische Geräte oder Navigationssysteme. Idealerweise sind Datenquellen, die neu angeschlossen werden, automatisch auf dem Startbildschirm erkennbar. So können alle integrierten Geräte angezeigt und kontrolliert werden, es sind keine zusätzlichen Monitore und Schnittstellen erforderlich.

Sind die Displays im OP verschaltet, lässt sich jede Information, die auf dem zentralen Screen der Plattform sichtbar ist, auch an andere Bildschirme übermitteln. Im Mittelpunkt steht ein Multi-Touch-Screen, der über Icons verfügbare Quellen und Informationen anzeigt – etwa Patientenbilder, Videosignale sowie Inhalte aus unterschiedlicher Software. Per Drag and Drop lassen sie sich an verschiedene zusätzliche Bildschirme im OP senden.

Bei einer umfassenden Integration einer größeren Zahl an Software- und Hardwarekomponenten muss die Datenübertragung abgesichert sein. Daher sind Lösungen für die Krankenhaus-IT-Integration gefragt, die auf dem HIPAA-Standard basieren und HTTPS- sowie SSL-Verschlüsselungen nutzen. Eine sichere Übertragung von Patientenbildern, -plänen und -formularen über die Grenzen des KIS ermöglichen Cloud-Plattformen.

Nahtlose Integration von Software- und Systemprodukten

Aus eigener Kraft können die meisten Krankenhäuser den Bau oder die Neuausstattung von Operationssälen mit einer digitalen Infrastruktur nicht mehr bewältigen. Daher empfiehlt sich eine fachkundige Beratung und Umsetzung durch externe Experten. Sie sorgen für die optimale digitale Integration der in einem OP genutzten Geräte sowie Infrastrukturen und binden dieses Netzwerk in die IT-Systeme des Krankenhauses ein. Neben der Expertise in Detailfragen spielen sie eine erfolgsentscheidende Rolle bei der Koordination aller Personen, die an Konzeption, Planung, Bau und Betrieb eines OP beteiligt sind. Diese Abstimmung ist in der frühen Phase eines solchen Projekts ebenso wichtig wie in allen folgenden Abschnitten.

Bereits beim Erarbeiten des Gebäude- und Betriebskonzepts sollte ein erfahrenes Planungsteam einbezogen werden – unabhängig davon, ob es nur um einen einzelnen OP geht oder um komplett neu zu errichtende Operationszentren. Wichtig dabei ist, dass alle Beteiligten im Krankenhaus – von den OP-Managern über die Chirurgen und die IT-Abteilung bis hin zu den Pflegekräften – passgenau die Lösungen erhalten, die sie bei ihrer täglichen Arbeit bestmöglich unterstützen.

Sind die Phasen des Konzeptionierens und Planens ebenso abgeschlossen wie Rohbau und Innenausbau, beginnt für das auf die digitale OP-Infrastruktur spezialisierte Service-Team die wichtigste Phase: Es entwickelt genau auf die Anforderungen der Klinik zugeschnittene IT-Integrationslösungen und stellt eine reibungslose Installation sicher. Denn die nahtlose Integration von Software- und Systemprodukten in die komplexe Krankenhaus-IT-Umgebung ist im Klinikalltag ausschlaggebend für einen optimalen Workflow. Krankenhäuser sollten bei der Vergabe von Aufträgen darauf Wert legen, dass die Anbieter von digitalen OPs ihre Leistungen zur Implementierung und Installation von Systemen sowie ihren Service durch unabhängige Marktforschungsunternehmen auch extern evaluieren lassen.

Basis einer erfolgreichen Gebäudeausrüstung ist die Einbeziehung von Installationstechnikern und Montagespezialisten, die über ein breites Know-how im Bereich Healthcare-IT verfügen. Sie sorgen für eine nahtlose Integration der neuen digitalen Technik, der kundenspezifischen HL-7-Schnittstellen sowie aller Geräte. Zu den Aufgaben einer umfassenden Installation der digitalen Infrastruktur gehört zudem die Optimierung der Netzwerk- und Bandbreitennutzung.

Wichtig ist, dass die Teams nach der Inbetriebnahme eine professionelle Wartung gewährleisten. Ohne zertifizierte und erfahrene Service-Ingenieure für den Kundendienst vor Ort lassen sich reibungsloser Betrieb und Wartung nicht dauerhaft absichern. Ein zusätzlicher Remote-Support rund um die Uhr sorgt zudem dafür, dass die Anwender im OP jederzeit einen Ansprechpartner für technische Fragen haben.

Fazit

Sorgfältig geplante Abläufe allein reichen nicht mehr aus, um einen OP unter den Aspekten der Effizienz und Patientensicherheit optimal zu betreiben. Ein digitaler OP, bei dem sowohl Mediziner als auch Techniker frühzeitig in die Planung involviert sind, kann neue Potenziale eröffnen. Durch die Zusammenarbeit mit spezialisierten Beratern können Kliniken von den Erfahrungen aus OP-Projekten anderer Krankenhäuser profitieren.

QUELLEN

[1] P. Shekelle (u.a.): Making healthcare safer II: an updated critical analysis of the evidence for patient safety parctises. Evid Rep Technol Assess (Full Rep) (2013) Nummer 211, S. 1-945.

Zuerst gesehen

Dieser Beitrag stammt aus der Medizin+elektronik Nr. 4 vom 18.06.2019.

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