Hybrid Studio

Virtuelle Medizintechnik real shooten

11. März 2021, 15:00 Uhr | Tina Thiele (hl-Studios)
Ein Teil des Fotoshootings findet in der realen Welt statt – und einer in der virtuellen. Das wird direkt am Set sichtbar.
© hl-Studios

hl-studios hat eine Technik entwickelt, die Herstellern medizinischer Geräte neue Möglichkeiten für Film und Foto bietet

Medizingeräte-Hersteller kennen Situationen wie diese: Die Produktion des neuesten Geräts läuft auf Hochtouren. Von finaler Hochglanzpolitur noch keine Spur. Und trotzdem muss die Vermarktung bereits lange vor der Finalisierung des Produktes beginnen. Mit entsprechenden Fotos für Website, Messen, Social Media und Printmaterial. Mit Tutorials, die genau erklären, wie sich das Gerät bedienen lässt. Mit Democlips, die den Praxisbetrieb zeigen: Echte Menschen, die das Gerät bedienen. Doch wie kann man medizinische Großgeräte am besten, schnellsten und einfachsten filmen oder fotografieren?

Bislang hatten Hersteller zwei Möglichkeiten: Variante eins: »gewöhnliche« Fotografie. Dazu muss das Produkt entweder in ein Film- oder Fotostudio transportiert werden – gerade bei sensiblen oder großen medizinischen Geräten schwierig. Oder man fotografiert das Gerät dort, wo es sich gerade befindet: in der Produktionsstätte, im Testbetrieb oder im laufenden Praxis- oder Krankenhausbetrieb. Da diese Orte in den seltensten Fällen auf ein Fotoshooting ausgelegt sind, müssen sie in der Regel fotogerecht umgestaltet und präpariert werden. Das wiederum kostet Zeit und Ressourcen. Zum anderen ist ein mehrtägiger Gerätestillstand für ein Fotoshooting aus wirtschaftlicher Sicht kaum möglich.

Fotos

Was ist echt – und was nicht? Reale und virtuelle Bilder sind bei der hybriden Produktionstechnik nicht mehr zu unterscheiden.
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Ein Teil des Fotoshootings findet in der realen Welt statt – und einer in der virtuellen. Das wird direkt am Set sichtbar.
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Auf einen Blick: Vorteile für die Hersteller
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Deshalb bevorzugen Medizintechnikhersteller oft die einfachere und schnellere Variante zwei, um ihr Produkt abzubilden: ein computergeneriertes Bild, ein so genanntes CGI (Computer Generated Imagery). Dieses Bild entsteht rein digital, mittels Daten. Manchmal werden im Nachhinein noch Personen eingefügt. Doch das wirkt meist unauthentisch. Denn die Bewegung der Menschen ist in den wenigsten Fällen auf das Produkt abgestimmt. Für den Filmbereich ist das nachträgliche Kombinieren von CGI und Echtbild meist zu aufwändig – und wird daher nur in den seltensten Fällen praktiziert.

Das grüne Studio

Genau dieser Herausforderung begegnete hl-Studios in den letzten Jahren immer wieder und begann daher, eine dritte Film- und Fotomethode zu entwickeln: die so genannte hybride Produktion – in einigen Fachkreisen auch als Virtual Production bekannt. Extra dafür wurde ein Fotostudio entsprechend umgebaut, in das Hybrid Studio. Das Besondere daran: Realfotos und virtuelle Bilder werden hier in Echtzeit kombiniert – direkt am Set. Das heißt, Fotografie und CGI finden gleichzeitig statt. Eine ähnliche Technik wird bis dato nur in Hollywood-Produktionen eingesetzt. Mit dieser technischen Neuheit tun sich vor allem Herstellern von großen, schwer abbildbaren Geräten neue Möglichkeiten auf.

Auf den ersten Blick sieht das Hybrid Studio aus wie eine Mischung aus Filmset und Fotostudio – mit großen Kameras, Objektiven und einem überdimensionalen Greenscreen. Dieser ermöglicht es, bewegte Bilder einfacher freizustellen. So kann im Nachhinein ein virtueller Raum eingefügt werden. Im Studio ist nicht nur die Wand grün, sondern auch der Boden und Requisiten wie Hocker und Tische. Auf den meisten dieser grünen Flächen befinden sich Orientierungspunkte oder sogenannte Tracking-Marker. Sie stellen sicher, dass die computergenerierten Bilder am Vorschau-Screen  an die richtige Stelle projiziert werden, zum Beispiel das Arztmodel exakt auf den Knopf am virtuellen Magnetresonanztomografen (MRT) drückt – und nicht daneben.

So funktioniert das Hybrid Studio

Ein virtuelles Produkt, zum Beispiel ein MRT-Gerät, wird ins Studio projiziert – und dann mit echten Models kombiniert. Auch Kulissen können hinzugefügt werden, je nach Wahl real oder virtuell. Der Clou an dieser Methode: Models, Regisseur und Kunde sehen das Gerät und all seine Details direkt am Bildschirm. So wissen sie genau, wo sie hinfassen müssen oder wie sie sich auf dem MRT bewegen können. Dadurch wirkt das Bild authentisch. Zudem können Regisseur und Auftraggeber so lange verschiedene Posings und Szenen ausprobieren, bis das gewünschte Produktvideo oder -bild im Kasten ist. 

Besonders hohes Interesse an der hybriden Produktion zeigen bislang Hersteller, deren Produkte auf Grund ihrer Größe schwer zu transportieren oder noch nicht final produziert sind. Denn die Produkte müssen ja nur virtuell existieren, in Form von Daten. Benutzt werden die Konstruktionsdaten (CAD-Daten) die heutzutage jeder Produktentwicklung zu Grunde liegen. Dieser eine Datensatz ermöglicht eine Film- und Fotoproduktion mit einem neuen Maß an Flexibilität. So kann das MRT spielend einfach von einem Raum in den nächsten wechseln. Ein Knopfdruck genügt – und das komplette Set verändert sich. Auch Requisiten wie Operationsbesteck oder medizinisches Equipment lassen sich unkompliziert hinzufügen oder wechseln. Ebenso das Raum-Layout. Die Farbe der Liege, die Raumausstattung, das Bedien-Interface, das Design des Geräts – all das kann im Hybrid Studio je nach Bedarf angepasst werden. 

Zeit und Kosten sparen

Zudem haben alle Beteiligten die Sicherheit, dass virtuelle Welt und Models auch wirklich zusammenpassen. Denn das kann direkt am Set überprüft werden und spart teure Korrekturen in der Postproduktion oder gar zusätzliche Film- und Fotoaufnahmen.

Der Vorteil für Kunden wie Medizingerätehersteller: Bilder und Filme können wesentlich schneller produziert werden als mit herkömmlichen Methoden. Die Anzahl der Dreh- und Aufnahmetage reduziert sich um rund 40 Prozent. Und das bei mehr kreativer Gestaltungsfreiheit und Authentizität. Unternehmen wie Siemens Healthineers nutzen diese Aufnahmetechnik schon. So wurden bereits Röntgengeräte von Siemens Healthineers mit dem neuen Aufnahmeverfahren fotografiert und gefilmt – ohne Transportkosten oder aufwändigen Umbau, wie er für ein Vor-Ort-Shooting in der Produktion nötig gewesen wäre. 

Das Hybrid Studio bietet nicht nur neue Möglichkeiten in Kreativität, Flexibilität und zeitlicher Planung von Werbemaßnahmen. Es ist auch ein Beispiel für digitale Nachhaltigkeit. Denn mit nur einem einzigen Produkt-Datensatz können die Film- und Fotomaterialien für die gesamte Produktkommunikation produziert werden. Vom Designfoto in verschiedenen Perspektiven bis hin zum technisch exakten Detailfoto. Ein großer Vorteil der neuen Technik ist, dass bei Updates und Produkterweiterungen in der Regel keine neuen Aufnahmen nötig sind. Denn auch die technischen Neurungen können meist unkompliziert in die bestehenden Bilder integriert werden. Das Hybrid Studio ist aktuell als fest installierte Aufnahmetechnik am Standort Erlangen im Einsatz. Für mehrtägige Shootings bietet die Agentur jedoch portable Varianten an.

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