Integrierte Sensorschnittstelle

Durchfluss, Gas und Druck messen

14. November 2013, 11:07 Uhr | von Marko Hepp
© iC Haus

Bei der künstlichen Beatmung oder bei der Anästhesie müssen Durchfluss, Gaszusammensetzung und Druck sehr genau geregelt werden, um das Leben des Patienten nicht zu gefährden. Aber auch bei der mobilen Sauerstoffversorgung zu Hause ist eine gute Regelung für den Gesundheitszustand, die Mobilität, das Wohlbefinden und die Lebensqualität wichtig. Entsprechende Sensoren stellen einen Kernbestandteil solcher Systeme dar. So unterschiedlich die Sensoren auch sind, alle benötigen eine entsprechende Schnittstelle, um sie korrekt und effizient ins System einzubinden.

Die Versorgung mit medizinischen Gasen wie Sauerstoff oder Narkosemittel muss exakt und sicher erfolgen. Dazu sind Sensoren erforderlich, die Volumenstrom und Gaskonzentrationen messen. Um die besonderen Anforderungen wie besonders kurze Ansprechzeiten bei sehr kleinen Volumenströmen umsetzen zu können, sind miniaturisierte Ausführungen mit hoher Auflösung und Geschwindigkeit bei gleichzeitig geringer Leistungsaufnahme und Wärmeabgabe erforderlich.
Daher können sich die an Sensoren gestellten Anforderungen bezüglich Messperformance, Baugröße und Kosten deutlich unterscheiden. Bei der Suche nach geeigneten Lösungen gilt es, alle anwendungsrelevanten Unterschiede verschiedenster Spezialbauelemente einzubeziehen. Spezialbauelemente erfordern damit einen erhöhten Aufwand für die Entwicklung und Beschaffung. Andererseits sind Kosten- und letztendlich Wettbewerbsvorteile nur dann erreichbar, wenn passend zur gestellten Aufgabe die am besten geeignete Systemlösung gefunden wird. Auch wenn »One fits all« in der Fülle der Applikationen und der Sensoren nicht erreichbar ist, so können parametrisch programmierbare und konfigurierbare universelle Sensorschnittstellen neben technischen auch wirtschaftliche Vorteile bieten.

Bild 1: Der »iC-HO« von iC-Haus ist eine universell einsetzbare Sensorschnittstelle
Bild 1: Der »iC-HO« von iC-Haus ist eine universell einsetzbare Sensorschnittstelle
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Eine robuste Schnittstelle zur Regelungseinheit und die Möglichkeiten der Kalibrierung und Überwachung des Sensors schaffen Sicherheit und Effizienz in derart sensiblen Applikationen. Die individuelle Konfiguration eines Sensors ist mit einer Prüfsumme (Cyclic Redundancy Check, CRC) gesichert. Zur Rückverfolgbarkeit eines jeden einzelnen Sensorsystems eignet sich eine eindeutige elektronische Identifikation.
Der neue Baustein »iC-HO« von iC-Haus (
Bild 1) ist eine solche universelle Sensorschnittstelle für den Aufbau von Durchfluss-, Gas- und Drucksensoren. Doch bevor wir uns näher mit dem Chip befassen, wollen wir uns zunächst mit den verschiedenen Arten von Sensoren und ihren Anforderungen befassen.

Verschiedene Sensoren

Beim klassischen thermoelektrischen Anemometer wird ein elektrischer Widerstand durch einen elektrischen Strom aufgeheizt. Die Kühlwirkung des strömenden Gases ändert messbar den temperaturabhängigen elektrischen Widerstand des Drahtes. Um zusätzlich die Strömungsrichtung messen zu können, werden zwei Temperatursensoren vor und hinter dem Heizelement positioniert und ebenfalls ausgewertet. Durch beide Temperatursensoren fließt der gleiche Referenzstrom, und über die Temperaturkoeffizienten wird eine Differenztemperatur bestimmt.
Alternativ lassen sich auch besonders einfache, sehr kompakte, richtungsunabhängige Strömungssensoren mit nur einem einzigen Temperatursensor und einem Heizelement umsetzen. Frühere Durchflusssensoren basieren meist noch auf diskreten Strukturen wie Heizdrähten und Temperaturwiderständen. Moderne Durchflusssensoren sind als MEMS-Strukturen (mikroelektromechanische Systeme) umgesetzt. Die relevanten Sensorkomponenten wie Heizelement und Temperatursensoren werden miniaturisiert auf Wafer-Ebene gefertigt.
Zur Messung von Gaskonzentrationen kommen viele verschiedene Sensorlösungen zum Einsatz. Bei thermochemischen Prinzipien wird durch einen Temperaturverlauf aufgrund einer elektrochemischen Reaktion an der Sensoroberfläche der Gasanteil gemessen. Je nach Gaskomponente und Sensormaterial sind unterschiedliche Temperaturen und Profile für die Aufheiz- und Messphase anzuwenden. Zusätzlich beeinflussen die Strömung oder der Stillstand des Gases die Heizphase der Messung. Gassensoren basieren meist auf einem Metalloxid-Halbleiter und werden aktuell ebenfalls auf Wafer-Ebene als MEMS gefertigt.

Anforderungen an eine Sensorschnittstelle

Bei resistiven Kraft- und Drucksensoren werden elektrische Widerstandsstrukturen an Biegebalken oder Membran-Kraftaufnehmern beeinflusst. Da diese Widerstandsänderungen im Verhältnis zum Gesamtwiderstand meist sehr gering sind, wird häufig eine Wheatstonebrücke eingesetzt, die eine Differenzspannung erzeugt. Konstruktiv bedingte Toleranzen werden über eine Kalibrierung von Offset und Verstärkung kompensiert.

Bild 2: Blockschaltbild des iC-HO
Bild 2: Blockschaltbild des iC-HO
© iC Haus

Der Temperaturkoeffizient der elektrischen Widerstände führt bei breiten Temperaturbereichen zu Messfehlern. Diese Fehler lassen sich mittels zusätzlich ausgewerteter, thermisch gekoppelter Widerstandsstrukturen kompensieren. Neben klassischen Dehnungsmessstreifen kommen auch hier immer häufiger MEMS-basierte Systeme mit besonders kleinen Trägermembranen zum Einsatz.
Mit einer universellen Sensorschnittstelle können unterschiedliche, in ihrer prinzipiellen elektrischen Funktion jedoch ähnliche Sensor-applikationen mit dem gleichen Baustein umgesetzt werden. Der Baustein iC-HO fokussiert sich dabei auf resistive Sensorapplikationen. Als universelle Sensorschnittstelle sind die folgenden Funktionsblöcke integriert (
Bild 2): 

  • konfigurierbarer Signalkonditionierer, 
  • konfigurierbare Stromquellen, 
  • schneller Analog/Digital-Wandler, 
  • SPI-Schnittstelle zu Anbindung an Mikrocontroller, 
  • digitale Sensorkonfiguration, 
  • einstellbare Linearisierung, 
  • ratiometrischer differenzieller Analogausgang, 
  • Kompensation der Temperaturdrift und 
  • externes EEPROM für Stand-alone-Betrieb. 

Resistive Sensorstrukturen lassen sich mit konfigurierbaren Referenzströmen messen. Die Änderungen der elektrischen Widerstände sind als Spannungsdifferenz messbar.
Widerstandsmessbrücken können als Halb- oder als Vollbrücke ausgeführt sein. Es besteht zusätzlich die Möglichkeit, die Messbrücke alternativ zu einer Spannung über eine konstante Stromquelle zu versorgen.
Mit dem programmierbaren Verstärker (Programmable Gain Amplifier, PGA) wird die Spannungsdifferenz entsprechend konditioniert und zur A/D-Wandlung vorbereitet. Somit lassen sich im Vergleich zur Wandlung unkonditionierter Signale höhere ENOB-Werte (Effective Number Of Bits) erreichen. Der schnelle 11-Bit-A/D-Wandler kann die synchron erfassten differenziellen Messwerte direkt oder als Differenz zwischen zwei Wandlungen verarbeiten. Nach der A/D-Wandlung wird der Messwert intern digital weiterverarbeitet.
Die Temperaturkennlinie des Sensors kann zusätzlich über eine Look-up-Table (LUT) kompensiert werden. Es können je nach Kennlinie des Sensors individuelle Stützstellen zur Korrektur definiert werden. Zusätzlich lassen sich die Verstärkung und die Offset-Korrektur des PGAs zur Temperaturkompensation automatisch nachführen. 
Bei Durchfluss- und Gassensor-Applikationen wird neben der Sensor-Signalverarbeitung auch ein Heizsystem mit Regelkreis benötigt. Bei Gassensoren kommt eine variable Nachlaufregelung für unterschiedliche Temperaturen mit konfigurierbarem zeitlichem Ablauf zum Einsatz. 
Eine On-Chip-Heizungsregelung steuert über zusätzliche differenzielle Sensoreingänge und einen digitalen PI-Regler mit D/A-Wandlung den Heizwiderstand des Sensors. Ein im Baustein integrierter, PI-geregelter Leistungsteil steuert die Sensorstrukturen direkt und analog an. Die Regelparameter können entsprechend der Sensorgröße und der Zeitkonstante des Systems angepasst werden. Zum Schutz der Heizstruktur des Sensors lässt sich der Heizstrom auf ein Maximum begrenzen. Durch den im Baustein integrierten Leistungsteil der Heizungsregelung entsteht bei hohen Heizströmen an kleinen Heizwiderständen eine erhöhte Abwärme, die aber das Thermal-Pad des QFN-Gehäuses ableitet. Der Baustein selbst verfügt über einen integrierten Temperatursensor, der digital über die SPI-Schnittstelle ausgelesen wird.
Der Heizungsregler überwacht die Sensortemperatur gemäß dem sensorspezifischen Profil über den bestromten Heizwiderstand. Der PI-Regler kann die Sensortemperatur sowohl relativ als auch absolut regeln. Eine elektrische Trennung von Heizwiderstand und Sensorwiderstand auf einem Sensor-MEMS-Element ist nicht erforderlich, da der Baustein iC-HO diese elektrische Trennung zwischen Heizen und Messung übernimmt.

Interface und Monitoring

Die Messwertausgabe erfolgt analog über einen ratiometrischen, differenziellen Ausgang oder digital über die SPI-Schnittstelle zum Beispiel an einen Mikrocontroller. Die Bausteinkonfiguration erfolgt bei einem Stand-alone-Betrieb über ein externes EEPROM oder direkt über die SPI-Schnittstelle. Die Kalibrierung der internen Referenzspannung ist Teil der Bausteinkonfiguration. Der Chip überwacht neben den eigenen internen Zuständen auch die Verbindungen zu den resistiven Strukturen des Sensorelementes.
Im Falle eines Fehlers kann dies sowohl über die SPI-Schnittstelle ausgelesen werden, als auch zusätzlich über einen schaltenden Open-Collector-Ausgang übertragen werden. Die Versorgungsspannung des Bausteins wird sowohl beim Aufstarten (Power-On-Release) als auch zum Schutz vor Spannungseinbrüchen (Power-down-Reset) überwacht. 
Alle Funktionen sind auf kleinstmöglichem Bauraum integriert und finden auf einem monolithischen CMOS-Chip Platz. Die Assemblierung der ICs erfolgt in Standard-QFN32-Plastikgehäusen mit den Maßen 5 mm x 5 mm. Alternativ steht die Chip-on-Board-Technik zur Verfügung, mit der auch komplette MEMS-Strukturen zum Beispiel als Multi-Chip-Module aufgebaut werden können. Hier wird der Baustein zusammen mit dem Sensorelement auf ein Keramiksubstrat, Platinenmaterial oder Flex integriert.
Neue Wege geht die dreidimensionale MID-Technik. Hier wird aus Platine und Gehäuse eine mechanische Einheit. Da die Leiterbahnen dreidimensional die Oberflächen des Gehäuses nutzen, lassen sich besonders kompakte Module umsetzen. Mit der Verfügbarkeit medizinisch zugelassener Materialien ergeben sich für die 3D-MID-Technik neue konstruktive Freiheiten und Möglichkeiten für die Sensorentwicklung. Je nach Anwendung des Sensors kann zum Beispiel aus hygienischen Gründen auch eine nur einmalige Nutzung des Sensors gefordert sein und mit besonders kostengünstigen MEMS-Modullösungen umgesetzt werden.

Über den Autor:

Marco Hepp ist im Vertrieb bei iC-Haus für ASSPs im Bereich Industrieapplikationen zuständig.


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