Kurzstrecken-Kommunikation

Heilsames Funken

22. Juni 2015, 8:48 Uhr | von Stefan Koltes
© Endrich Bauelemente

Ursprünglich fand »Bluetooth Smart« hauptsächlich Verwendung in Brustgurten und Pulsuhren für Sportler, doch inzwischen ist dieses Funkprotokoll in »echten« medizinischen und auch industriellen Anwendungen angekommen.

Dank der möglichen Datenraten von Bluetooth Smart, die im Standard 4.0 bereits brutto 1 MBit/s und netto 0,27 MBit/s betragen, sowie der Vielzahl an Applikationen, die sich auf dem GATT-Layer befinden, ist dieses Funkprotokoll auch im medizinischen und Industriebereich sowie in Smart-Home-Anwendungen gefragt. Dies insbesondere da, wo Daten ausgelesen werden müssen, Zustände per Sensoren abzufragen sind, aber auch Komfortsteuerungen – also immer dort, wo kurze Zustände mit einer Datenrate von maximal 0,22 MBit/s übertragen werden sollen. Die Patientenüberwachung im heimischen Umfeld ist eine naheliegende Anwendung.

Eine Besonderheit der Technik ist die Möglichkeit, innerhalb von 3 ms Daten zu senden. Der Standard Bluetooth 2.1 EDR benötigt hier bis zu 100 ms. Der Mehrwert von Bluetooth Smart 4.0 gegenüber dem seriellen Port-Profil von Bluetooth 2.1 EDR liegt sicherlich darin, dass eine Punkt-zu-Multipunkt-Verbindung erstellt werden kann, womit Applikationen wie das Kalibrieren und Auslesen von bis zu 300 Datenquellen bei minimalen Stromaufwand möglich sind. Diese Technologie bietet sich als Serviceschnittstelle beispielsweise beim Auslesen von Zuständen mit einem Smartphone an.

Weniger Profile, mehr Möglichkeiten

Auf diese Weise kann die Kalibrierung eines Sensors oder einer Steuerung via Tablet oder Smartphone mit einer seriellen Datenübertragung erfolgen, ohne dass man den für iPhone und iPad nötigen Authentifizierungs-Chip braucht. Ohne diesen Code ist diese Art der Datenübertragung beispielsweise bei dem bekannten Bluetooth 2.1 EDR/SPP nicht möglich. Fairerweise muss allerdings an dieser Stelle gesagt werden, dass bei Bluetooth Smart nicht die Art der Profile, wie sie von Bluetooth 2.1 her bekannt sind, vorhanden sind. Klassisch sind die Bluetooth-Smart-Module bis zum GATT-Layer implementiert. Dies bedeutet, dass der eigentliche Bluetooth-Smart-Stack, die UUID sowie die »Intelligenz« für den ersten Verbindungsaufbau vorhanden sind.

Das SPP (Serial Port Profile) aus Bluetooth 2.1 muss der Anwender nun selbst entwickeln und implementieren. Seitens der Chiphersteller sind hierfür Quellen im Netz verfügbar, jedoch ganz so trivial, wie mancher Hersteller behauptet, ist diese Implementierung nicht. Der Kunde muss über umfassende Softwarekenntnisse verfügen – und wenn er auf seinem Host-Mikrocontroller im Speicher nicht mehr über ausreichend Platz verfügt, um diese Applikation zu implementieren, kann er sie bei manchen Derivaten wie beispielsweise dem »PAN1740« von Panasonic auf dem Modul in einem OTP realisieren. Sollte der Kunde also nicht über entsprechendes Software-Know-how verfügen, kann er auf Module zurückgreifen, die diese Art der Datenübertragung bereits implementiert haben.

Verwendung leichtgemacht

Bild 1: Die USB-Dongle eignen sich zur Evaluierung der Bluetooth-Smart-Technik sowie für erste Schritte auf dem Weg zur Produktentwicklung
Bild 1: Die USB-Dongle eignen sich zur Evaluierung der Bluetooth-Smart-Technik sowie für erste Schritte auf dem Weg zur Produktentwicklung
© Endrich Bauelemente

Hinzu kommt, dass Hersteller wie Panasonic Module entwickelt haben, die einen kompletten Stack inklusive solcher Applikationen an Bord haben. Ein klassisches Beispiel hierfür ist das Modul »PAN1720-BR«. Dieses Derivat verfügt über einen Bluetooth-4.0-Stack von Texas Instruments, der ab dem GATT–Layer vom Softwarespezialisten BlueRadios mit einer Applikation zur seriellen Datenübertragung ergänzt wurde. Hierdurch können serielle Schnittstellen wie RS-232 physikalisch ersetzt werden. Der Host-Mikrocontroller der Applikation setzt das Modul via AT-Befehl vom Command- in den Data-Modus. Alle über die UART ankommen Daten werden nun über die Luftschnittstelle übertragen.

Hierzu bietet BlueRadios einen umfangreichen AT-Guide an. Zum Test der Funktionen sind USB-Dongle-Kits (Bild 1) erhältlich. Diese Entwicklungsumgebung bietet sich an. um die Entwicklung der Applikation in drei Schritten durchzuführen. Davon profitieren vor allem Entwickler, die bis dato noch keine Erfahrung mit Bluetooth Smart gesammelt haben, denn so können sie den Umgang mit dieser Technik effizienter gestalten.

Die Dongles verfügen außer dem jeweiligen Bluetooth-Modul einerseits über eine USB-to-UART-Bridge, die sich am Laptop als COM-Schnittstelle meldet, andererseits sind die wichtigsten Kontakte des Moduls wie die serielle Schnittstelle oder die Spannungsversorgung herausgeführt.

Der Weg zur Kommunikation

Im ersten Schritt werden beide USB-Sticks mit einem PC verbunden. Die Sticks erscheinen dann in der Softwareumgebung des Tools als COM-Ports. Durch leicht verständliche Benutzeroberflächen ist der Entwickler in der Lage, sich schnell in die Technologie einzuarbeiten und erste Tests zu Reichweite, Datenrate und Verhalten der Module durchzuführen. Anschließend kann damit begonnen werden, Applikations-Scripts im Software-Development-Tool der Entwicklungsumgebung zu erstellen, die das Modul spezifisch ansteuern. Diese Scripts laufen auf dem Host-Controller der Applikation, sodass der Entwickler vollen Zugriff darauf hat und sie bei Bedarf an geänderte Anforderungen der Steuerung anpassen kann.

Der eigentliche Bluetooth-Smart-Stack einschließlich der Applikation zur seriellen Datenübertragung bei der Verbindung zu Laptop und Tablet ist auf dem Modul im ROM als eine Art Blackbox hinterlegt, die ihrerseits mit AT-Befehlen via einer seriellen Schnittstelle, der USART, angesprochen wird.

Nachdem die Grundlagen zur Steuerung und zum Auslesen der Sensoren geschaffen wurden, kann im zweiten Schritt einer der USB-Sticks vom Rechner entfernt und über die Anschluss-Pads direkt mit der Applikation verbunden werden, um weitere applikationsbezogene Tests durchzuführen. Der Mehrwert besteht dabei darin, dass der Ingenieur die Funkstrecke und die Applikation überprüfen kann, ohne einen eigenen Prototypen mit dem Modul erstellen zu müssen. Dies spart Zeit und somit letztendlich Geld. Als Anlaufstelle für Entwicklungsingenieure bieten sich Spezialdistributoren wie Endrich Bauelemente an. Im dritten und letzten Schritt werden Musterstückzahlen der Module auf den Prototypen implementiert, um anschließend Praxistests im Feld durchzuführen.

Über den Autor:

Stefan Koltes ist Produktmanager Antenna Technology, Communication Modules bei Endrich Bauelemente.

Smarte Blutzuckermessung 

Ende 2014 standardisierte die Bluetooth SIG das von der Medical Device Working Group entwickelte »Continuous Glucose Monitoring Profile«, das einheitliche Erfassung, Messung und Kommunikation für Blutzuckerüberwachungsgeräte im Rahmen von Bluetooth Smart ermöglicht.

Bluetooth Smart vereinfacht die Bedienung von Medizingeräten durch Funksteuerung und liefert Patienten, Ärzten und Pflegern ein genaues Bild der Aktivität, des Gesundheitszustands und, wie in diesem Fall, des Blutzuckerspiegels. Genaue Datenerfassung und Überwachung sind von essenzieller Bedeutung für die Behandlung von Diabetes und anderen Krankheiten. Entsprechende Messgeräte liefern Patienten, Ärzten und Pflegern Informationen in Echtzeit.  

Bluetooth Low Energy 

Wie Bluetooth 2.1 sendet Bluetooth Low Energy bzw. Bluetooth Smart im 2,4-GHz-Bereich, soll dabei weniger Energie verbrauchen und in der Integration erheblich kostengünstiger sein. Dieser neue Protokollstapel ist mit Version 2.1 verträglich, ist aber unabhängig zu konfigurieren.

Erstmals vorgestellt wurde Bluetooth LE 2006 auf der Basis von »Wibree«, einer Gemeinschaftsentwicklung von Nokia, Epson, Broadcom, CSR und Nordic.  


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