Fertigungstechnik

Wohldosierte Silikone

9. Juli 2013, 10:51 Uhr | Marcel Consée
Die Dosiersteuerung mit Touch-Bildschirm erleichtert das korrekte Dosieren
© Viscotec

Silikonkautschuke, die aus zwei Komponenten bestehen, finden auf Grund ihrer vielseitigen Materialeigenschaften immer häufiger industrielle Anwendung. Sie zeichnen sich beispielsweise durch hohe Temperaturbeständigkeit, gute Diffussionsdichtheit, hohe chemische Beständigkeit und einstellbare Wärmeleitfähigkeit aus. Außer in der Automobil- und Elektronikindustrie eröffnen sich auch in der pharmazeutischen und orthopädischen Industrie neue Anwendungsbereiche.

Bei solchen Silikonen handelt es sich um langkettige Polysiloxane - meist in einer gieß- bis knetbaren Form - die durch eine Additions- oder Kondensationsvernetzung zu einem elastischen Gummi vulkanisieren.

Eine interessante Produktentwicklung betrifft Zweikomponenten-Silikone bei denen die Materialhärte (Shore-Härte bei Wikipedia) in vulkanisierter Form durch die Steuerung des Mischungsverhältnisses variieren kann. Diese Silikone finden häufig in der Medizintechnik Verwendung. Bei der Herstellung von Prothesen und orthopädischen Einlagen sowie Pelotten können mit diesem Silikon unterschiedliche Härtebereiche innerhalb eines Produktes eingestellt werden. Um diese Steuerung der Materialhärte in einem Herstellungsprozess praktikabel umzusetzen, ist während des Materialauftrags eine einfache und Härteprofil-synchrone Einstellung des Mischungsverhältnisses durch das verwendete Dosiersystem zu gewährleisten.

Die Einstellung von Mischungsverhältnissen ist bei einer Dosieranlage mit Zahnradpumpen zwar durch die software-gesteuerte Änderung der Drehgeschwindigkeit der Zahnräder möglich, jedoch mit hohem regeltechnischen Aufwand verbunden. Die ausgebrachte Dosiermenge verhält sich nicht linear zur Drehzahländerung, bedingt durch das Rückströmungsverhalten dieses Pumpensystems. Die tatsächliche Fördermenge muss von einem Volumenmesser gemessen und an das System rückgemeldet werde. Dies bedeutet, dass die Dosierpumpen den eigentlichen Dosierprozess zeitverzögert nachjustieren. Diese Abweichungen in der Dosierung steigen mit Abnahme der Dosiermengen und Erhöhung der geforderten Dosiergenauigkeiten.

Kolbendosiersysteme benötigen durch das verwendete Prinzip der volumetrischen Zwangsförderung keine aufwendige, kontinuierliche Nachregelung und arbeiten mit einer reduzierten Anlagenkomplexität. Einschränkend wirkt bei einfachen Kolbenpumpensystemen jedoch, dass jede Variation des Mischungsverhältnisses nur durch eine hardwareseitige Systemanpassung möglich ist. Die Umsetzung erfolgt mittels Einstellung des Kolbenhubes über mechanische Anschläge (Gestänge),oder durch den kompletten Austausch des Dosierkolbens. Diese Hardware-Anpassungen verursachen jedoch Umbauarbeiten, Kosten für die Austauschteile und einen längeren Anlagenstillstand. Ein weiterer Nachteil der Kolbendosiersysteme ist die effektiv eingeschränkte Produktionszeit, verursacht durch die zwingend notwendige Wiederbefüllung des Kolbenvolumens mit dem Medium. Durch diesen systembedingten Zyklus aus Dosierung und Kolbenbefüllung ist lediglich ein gepulster und kein kontinuierlicher Materialaustrag möglich. Die Zeit der Wiederbefüllung des Kolbens erhöht sich mit zunehmender Viskosität des Mediums.

Die qualitativ und wirtschaftlich besten Ergebnisse für die Anwendung variabler Mischungsverhältnisse lassen sich mit Dosiersystemen erreichen, die ohne kostenintensive Regelmechanismen hohe Genauigkeiten bei den aufzutragenden Komponentenmengen in Verbindung mit einer zeit- und kostensparenden Konfiguration auf Softwarebasis bieten.

Für eine flexible und präzise Einstellung von 2K-Mischungsverhältnissen innerhalb eines Dosierzyklus hat sich das von ViscoTec angewandte Endloskolbenprinzip als sinnvoll erwiesen. Bei diesem Verfahren handelt es sich um ein volumetrisches Dosierprinzip, das  auch bei schwankenden Medienviskositäten angemessene Dosiergenauigkeiten zeigt. Durch das Zusammenspiel zwischen Rotor und Stator entstehen abgeschlossene Kammern mit identischen Volumina, die sich während des Dosierprozesses nicht verändern. Die besondere Dosiergeometrie der Dispenser garantiert einen für die exakte Steuerung von Mischungsverhältnissen wichtigen pulsationsfreien Förderstrom. Das Medium wird von der Saug- zur Druckseite der Pumpe gefördert und folgt einem gleichmäßigen und kontinuierlichen Bewegungsstrom in einer Richtung. Umgesetzt auf die Konfiguration von Zweikomponenten-Dosiersystemen werden zwei Dosierpumpen V-förmig nebeneinander direkt an einen Mischkopf angebunden. In diesem totraum-optimierten Mischkopf werden A- und B- Komponente des Silikons durch zwei getrennt voneinander verlaufende Kanäle dem statischen Mischer zugeführt. Die besondere Ausführung der Auslassöffnung verlängert die getrennte Zufuhrstrecke der Komponenten in das statische Mischrohr hinein und unterbindet zuverlässig eine direkte Aushärtereaktion im Mischkopf selbst. Die direkte Zusammenführung der Dosierpumpen am Mischkopf und die Einhaltung kurzer Dosierstrecken nach den Pumpenausgängen eliminieren Dosierungenauigkeiten die ansonsten durch unkontrollierbare Druckprofile auf langen Förderstrecken entstehen. Die vorgegebenen Mischungsverhältnisse können mit dem beschriebenen Anlagenaufbau mit hohen Genauigkeiten eingehalten werden.

Auf Basis der erreichbaren Dosiergenauigkeiten des Systems wird die dynamische Änderung der Mischungsverhältnisse beim Materialauftrag durch eine variable Steuerung der individuellen Fördermenge pro Medienkanal erreicht. Die verwendete Exzenterpumpen-Technologie arbeitet strikt volumetrisch. Mit jeder Pumpenumdrehung wird immer ein fest definiertes Medienvolumen dosiert, mit einer definierten Drehzahl in U pro Zeiteinheit wird eine Fördermenge in ml pro Zeiteinheit festgelegt. Es besteht eine lineare Übereinstimmung zwischen Dispenser-Drehzahl und Dosiermenge, d.h. doppelte Drehzahl bewirkt verzögerungsfrei doppeltes Fördervolumen. Diese Volumengenauigkeit wird bei den Systemen höchst zuverlässig und pulsationsfrei auch bei schwankenden Viskositätswerten erreicht. Bei dem beschriebenen 2K-Dosiersystem ergibt sich aus der Fördermenge pro Kanal das gewünschte Mischungsverhältnis für das Zweikomponenten-Silikon. Die Motordrehzahl der Dispenserantriebe wird über ein Analogsignal gesteuert. Die Austragsmenge wird volumengenau und direkt linear zum eingestellten analogen Steuersignal am Pumpenausgang zur Verfügung gestellt. Durch dieses Funktionsprinzip bietet das System die technische Möglichkeit, die Dosiermenge pro Zeiteinheit zu jedem Zeitpunkt des Dosierprozesses stufenlos zu verändern und Mengenprofile einzusetzen. Somit können Mischungsverhältnisse beim Medienaustrag variabel gestaltet werden.

Das Steuerungskonzept für das 2K-Dosiersystem stellt zwei Schnittstellen zur Verfügung. Die Ansteuerung der Antriebseinheiten kann sowohl durch externe Signalpfade einer übergeordneten Steuerung einer Automatisierungsanlage als auch durch die speziell von ViscoTec entwickelte 2K-Dosiersteuerung erfolgen. Grundlegend werden in der ViscoTec Steuerung alle Basisparameter des Prozesses wie Mischungsverhältnis, Dosiergeschwindigkeit und Dosiermenge voreingestellt und die Kalibrierung durchgeführt. Mit Hilfe der eingebundenen Rezeptverwaltung lassen sich unterschiedliche Mischungsverhältnisse und somit Produkteigenschaften voreinstellen, hinterlegen und mit wenigen Klicks über das Touchpanel aufrufen.

Neben der Einstellung dieser Basisparameter wie Dosiermenge, Dosiergeschwindigkeit und Mischungsverhältnis bietet die Steuerung auch ein umfangreiches Spektrum an einstellbaren Prozessparametern, die eine vollautomatische Produktion unterstützen und eine stabile Produktqualität ermöglichen.  Die Dosiersteuerung bietet unter anderem die Option zur Festlegung und Überwachung der Dispensereingangs- und Dosierdrücke. Bei Überschreitung der vom Anwender definierten Grenzwerte erfolgt eine optische Anzeige am Display sowie eine elektrische Signalausgabe an externe Geräte.  Verfügbar sind zusätzlich Parameter zur Angabe der Material Pot-Life sowie zur Einstellung der Spülschusswartedauer und ein Spülschusszähler. Falls innerhalb der eingestellten Pot-Life nicht  mindestens  das x-fache des Füllvolumens des statischen Mischers  dosiert wurde, erfolgt eine Fehlermeldung durch das System. Damit wird sichergestellt, dass kein bereits reagierendes Material verwendet wird bzw. der statische Mischer aushärtet. Mit Nutzung des Parameters für die Spülschusswartedauer kann vor Ablauf der Pot-Life durch die Steuerung ein Spülschuss ausgelöst werden. Über eine Signalausgabe an eine externe Steuerung kann durch das Handlingssystem eine für den Spülschuss definierte Achsposition angefahren werden. Um z.B. bei einem längeren Anlagenstillstand den übermäßigen Verbrauch von Silikonmaterial für Spülschüsse zu vermeiden, ist eine maximale Spülschussanzahl,-  also eine Begrenzung der Anzahl durchzuführender Spülschüsse -  einstellbar. Nach Erreichen dieser Maximalmenge wird durch die Steuerung eine Fehlermeldung generiert und das Bedienpersonal in der sachgerechten Anlagenführung unterstützt.

Das Endloskolbenprinzip findet außerdem auch bei Materialentnahme- und Aufbereitungssystemen Anwendung. Die Materialversorgungsstrecken werden für 2K-Anlagen mit parallelen Kanälen für die A- und B- Komponente ausgeführt.


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