Additive Fertigung

3D-Druck von Silikon-Herzklappen

29. Oktober 2020, 10:01 Uhr | Viscotec
Vollständige Herzklappenersatzsysteme mit abgedeckten und einem gefensterten Stent (links).
© Viscotec

Viscotec und ETH-Zürich fertigen synthetisches Implantat

In einem Additive Manufacturing (AM) Prozess werden unter anderem mithilfe von CT-Vermessung und einem Preeflow eco-Pen300 1K Dispenser von der Viscotec Pumpen- u. Dosiertechnik GmbH, Töging a. Inn, virtuelle Herzklappenmodelle erstellt. Fergal Coulter von der ETH Zürich unternahm Forschungen für die Medizintechnik – genauer für die additive Herstellung künstlicher Herzklappen. Für die Produktion kamen kundenspezifische Polysiloxane in medizinischer Qualität, mit Chemikalien, zum Einatz, die nach UV-getriggerter Polymerisation zu steifen, mittleren oder weichen Silikonen werden. Diese Materialien entsprechen den Biokompatibilitätsnormen für Zytotoxizität sowie Irritation und Hautsensibilisierung. 

Ein Prozess für personalisierte Ergebnisse

Mittels CT eines Patienten wird ein personalisierter, 3D-gedruckter Dorn angefertigt. Der eco-Pen Dispenser trägt darauf ein Teil der künstlichen Herzklappe auf. Ebenso werden mit dem Dispenser Verstärkungsfasern aus Silikon auf die Faltblätter aufgedruckt und anschließend die Kanten verstärkt. Die Bereiche der Klappe werden entsprechend dem Scan der Aorta-Wurzel des Patienten aufgebaut. Dann erfolgt die Vernetzung des Silikons mit UV-Licht.

Im zweiten Schritt wird eine Silikonform der Aorten Wurzel erstellt. Um das Ventil vorübergehend einzukapseln, verwendet man ein Alginat. Die Kappe schützt das Ventil und ermöglicht es, ein überhängenden künstlichen Gefäßsystems und eineen integrierten Stent aufzutragen. Dafür wird die Baugruppe mit einem 1-dimensionalen Laser gescannt. Per Computer wird die Oberfläche virtuell nachgebaut und die Werkzeugwege für eine auxetische Stent-Geometrie berechnet.

Der eco-PEN300 beim Drucken der Stent-Struktur.
Der eco-Pen300 beim Drucken der Stent-Struktur.
© Viscotec

Danach druckt wieder der eco-Pen300. Die gedruckten Streben sind ungefähr 0,3 mm dick. Jetzt kann der Ventildorn entfernt werden. Die Alginat Kappe lässt sich durch Dehydrierung im Ofen entfernen. Je nachdem, ob als Zwischenschritt eine Beschichtung aufgesprüht wurde oder nicht, ist das End-Ergebnis eine patientenspezifische künstliche Herzklappe mit einem abgedeckten oder gefensterten Aorten-Stent.

Das Design der fertigen Herzklappen ist von der Biologie des Menschen inspiriert. Je nach Bedarf wird eine individuelle Geometrie umgesetzt, um ein maßgeschneidertes synthetisches Produkt zu erhalten. Durch die digitale Herstellung entsteht eine Klappenprothese als funktionales Implantat. 

Vorteile für Patient und Hersteller

  • Es sind absolut individuelle Herzklappen möglich (auf Basis einer CT Aufnahme der jeweils eigenen Herzklappe der Patienten).
  • Die Produkte sind günstig in der Herstellung.
  • Aufgrund der verwendbaren Materialien kann ggf. zukünftig auf Immunsuppressoren oder Blutverdünner verzichtet werden.
  • Nicht nur die Bauart bzw. die Geometrie der gedruckten Herzklappe ähnelt dem biologischen Pendant, sondern auch die Funktionalität, die in den Versuchen Coulters ausführlich am physiologischen Blutdruck geprüft wurde.
  • Die gedruckte faserverstärkte Herzklappe hat eine geringere mechanische Beanspruchung und herausragende Hämodynamik (= Lehre von der Bewegung des Blutes im Gefäßsystem).

eco-Pen druckt Herzklappe und Stent

Aufgabe des  Dispensers ist es, die Stabilität der Herzklappe und der Segelklappen sicherzustellen, damit das System bei der Verwendung unter physiologischen Bedingungen nicht kollabiert. Wie oben beschrieben, druckt der eco-Pen300 sowohl einen Teil der Herzklappe als auch einen Stent beziehungsweise eine Stent-ähnliche Struktur zur Stabilität. Der Dispenser  errichtet also auch das Gerüst für die Herzklappe.

Wichtig für die Umsetzung in diesem sensiblen Bereich ist eine absolut gleichbleibende Präzision im Bereich der Mikrodosierung. Die Wiederholgenauigkeit bei so geringen zu dosierenden Mengen muss garantiert sein. Hier konnten die leichten Preeflow-Dispenser überzeugen. Ergänzt wird die Dosiertechnik durch ein wendiges Robotersystem. Denn die Nadel muss immer lotrecht auf den exakt gefertigten Dorn zeigen.

Zu den Vorteile des Dispenser zählen laut Hersteller:

  • Einfach und flexibel an individuelle Geometrien anpassbar 
  • Einfache Integration (der eco-Pen300 wird mit einem Abstand von 300 µm und lotrecht zur Krümmung der aufzutragenden Oberfläche verwendet)
  • Kleinste Dosiermengen bei absoluter Wiederholgenauigkeit von > 99 %

Um den Anforderungen des 3D-Druck Marktes gerecht zu werden, hat Viscotec im Jahr 2016 ein eigenes Business Development Additive Manufacturing ins Leben gerufen. Das Portfolio wurde seitdem stetig erweitert. Denn mittlerweile entstanden daraus verschiedene 3D-Druckköpfe, die sowohl ein- als auch zweikomponentige Fluide und Pasten drucken können und sich noch besser für die Additive Fertigung eignen.  

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(me)


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