KI-Prognose auf der Intensivstation

Entscheidrelevante Muster in EEG von Koma-Patienten identifiziert

2. Oktober 2019, 11:30 Uhr | Universitätsspital Bern
Küntliche Intelligenz zur Unterstützung der Prognosestellung wird an Bedeutung gewinnen, wenn deren Transparenz verbessert werden kann.
© Pixabay

Forschung | Erstmals ist es einem Forschungsteam gelungen, bestimmte Muster zu identifizieren, die das Deep-Learning-Netzwerk seinen Prognose-Entscheiden aufgrund von EEG-Analysen zugrunde legt. Damit seo ein wichtiger Schritt zur Entschlüsselung des Deep-Learning-Prozesses getan.

Die Mehrheit der Sterbefälle von Koma-Patientinnen und -Patienten nach Herzstillstand auf Intensivstationen erfolgen nach Abbruch der Lebenserhaltungsmassnahmen. Als Prognoseinstrument dienen unter anderem das Elektroenzephalogramm (EEG). Mehrere Arbeiten weisen darauf hin, dass mit Künstlicher Intelligenz (KI) zuverlässige Prognosen zur Unterstützung der entscheidenden Ärztinnen und Ärzte gestellt werden können. Eine verbreitete Zurückhaltung gegenüber KI-Prognosen ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Deep-Learning-Netzwerke bisher keinen Hinweis darauf gaben, welche Informationen ihren Entscheiden zugrunde lagen und somit nicht klar war, welche Sachverhalte zu einer bestimmten Prognose führten.

Interpretation von Elektroenzephalogrammen (EEG)

Einem multidisziplinären Forschungsteam aus dem Schlaf-Wach-Epilepsie-Zentrum (SWEZ) der Universitätsklinik für Neurologie des Inselspitals (F. Zubler), der Computer Vision Group des Instituts für Informatik der Universität Bern (S. Jonas, S. Jenni, und P. Favaro) sowie der Kliniken für Neurologie (A. Rossetti) und Intensivmedizin (M. Oddo) des Lausanner Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV) ist es nun gelungen, wichtige, entscheidrelevante Muster in dem EEG von Koma-Patientinnen und -Patienten zu identifizieren. Das Team legte seinen Studien klinische Standard-EEG-Aufzeichnungen von 267 Erwachsenen aus dem CHUV zugrunde.

Ein Neurales Netzwerk (Convolutional Neural Network CNN) analysierte die Daten in der frühen Betreuungsphase nach dem Herzstillstand. Mithilfe einer speziellen Visualisierungsmethode, dem sogenannten GradCAM-Algorithmus wurden darauf diejenigen Bereiche identifiziert, die das CNN für seine positiven oder negativen Prognosen verwendet hatte.

Fachleute und KI verwenden gleiche Muster

Der Studienleiter Dr. Dr. med. F. Zubler betont: »Für die ärztliche Tätigkeit in der Intensivstation werden KI-unterstützte Entscheide in Zukunft immer wichtiger. Wenn wir diese Unterstützung transparent und nachvollziehbar machen, können wir auch in ethischer Hinsicht solidere Entscheidungen fällen«. Ein zentrales Resultat der Studie war: Die gewählte Visualisierungsmethode konnte einen Teil des Deep-Learning-Prozesses entschlüsseln. Bestimmte EEG-Muster konnten identifiziert werden, welche die Maschine ihren Entscheidungen zugrunde legte. Dabei verwendet die KI oft die gleichen Muster, die Neurologen für ihre Prognosen verwenden.

KI wird in der Intensivmedizin immer wichtiger

Die Studie zeigt, dass KI weiter an Bedeutung gewinnen kann. Dank des neuen Ansatzes könne mehr Transparenz in die Deep-Learning-Anwendungen gebracht werden, indem die Prognosewerte auf einer nachvollziehbaren Erklärung beruhen. Dies ist auch für die ethische Ebene der gefällten Entscheide von grösster Bedeutung. (me)

Schlagworte: Künstliche Intelligenz, Intensivmedizin, Koma-Patient, Deep Learning, Elektroenzephalogramm

Genannte Firmen: Universität Bern, Lausanner Centre hospitalier universitaire vaudois


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