Nvidia in Healthcare

GPUs als Medizin

24. März 2023, 9:00 Uhr | Ute Häußler
Nvidia CEO Jensen Huang auf der GTC 2023
© Nvidia

Auf der GTC-Konferenz 2023 hat Nvidia seine neuesten Technologien für die Medizintechnik präsentiert, der Fokus lag auf MedTech-KI, Pharma-Forschung, Sprachmodellen und generativer KI. Über neue Partnerschaften will der GPU-Experte seine Rolle im Healthcare-Markt deutlich ausbauen.

Nvidia wurde 1993 gegründet. Zu Beginn des damals gerade aufkeimenden Internetzeitalters war der Grafikkarten- und Prozessorhersteller eher für Bastler und Gamer interessant, kaum jemand hätte sich vor 30 Jahren vorstellen können, dass sich das kalifornische Unternehmen mit der Digitalisierung und seinen proprietären Technologien zum führenden Player für Echtzeit-Grafik entwickeln würde - und welchen Einfluss Nvidia-Chips damit auch auf die moderne Medizintechnik nehmen. Die GPUs der Tech-Größe, deren Aktien seit Jahren als Wachstumswerte gelten, haben sich neben der klassischen Bildgebung als besonders leistungsstark in Anwendungen der Künstlichen Intelligenz erwiesen.

Nvidia hat frühzeitig erkannt, wie wichtig KI und Deep Learning sind und massiv investiert. Zudem hat CEO und Gründer Jensen Huang dafür gesorgt, dass sich Nvidia nicht nur auf den Gaming-Markt konzentriert, sondern auch in Bereiche wie Rechenzentren, High-Performance Computing (HPC), autonome Fahrzeuge und Cloud Computing expandiert. Partnerschaften mit Tesla, IBM, Dell und Microsoft sowie die Übernahme des britischen Chip-Designers Arm haben dazu beigetragen, dass Nvidia heute eine starke technologische und strategische Position im Halbleiter-Markt einnimmt.

Nvidia-Chips in der Medizintechnik

Mit der Digitalisierung der Medizintechnik sind Nvidia-GPUs auch eine wichtige Komponente im Healthcare-Bereich geworden. Die Kalifornier haben das Marktpotenzial früh erkannt und auch hier insbesondere auf den Einsatz von KI und Machine Learning gesetzt.

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Die Medizin-Aktivitäten von Nvidia liegen derzeit hauptsächlich in der medizinischen Bildgebung, der Forschung an neuen Medikamenten, der personalisierten Medizin und Genomik sowie in der chirurgischen Robotik (siehe Infokasten unten). Auf seiner jährlich im Frühjahr stattfindenden Hausmesse, der heuer vom 20. bis 23. März abgehaltenen Tech-Konferenz GTC, hat Nvidia seine neuesten Entwicklungen sowie Trends und Zukunftsthemen vorgestellt. Neben übergreifenden Technologie-Themen, Automotive, Embedded Robotics, Lithografie und dem Omniverse gehörte Healthcare zu den diesjährigen Fokus-Themen.

Die News-Highlights im Gesundheitswesen waren dabei große Sprachmodelle und generative KI-Dienste, welche die Forschung und Entwicklung in den Biowissenschaften vorantreiben sollen. Bereits praktisch arbeiten Medtronic und NVIDIA zusammen: Die beiden Partner haben eine KI-Plattform für medizinische Geräte entwickelt, die in der Endoskopie schon heute 50% mehr Läsionen entdeckt. Den ersten KI-Supercomputer für die Pharmabranche baut Nvidia mit Mitsui in Japan, er soll die Arzneimittelforschung weiter beschleunigen. Zudem stellte der Technologie-Anbieter neue, auf generativer KI basierende Dienste für seine Clara KI-Plattform vor, Nvidia zeigte sich sehr stolz, dass weltweit bereits über 100 renommierte Partner die Health-Plattform in Unternehmen bringen. Eine wegweisende Nierenoperation in Europa zeigte den praktischen Nutzen von Nvidias Holoscan-Technologie für das Gesundheitswesen.

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Bild 2. Der Nvidia BioNeMo Cloud Service bietet einen erweiterten Satz von generativen KI-Modellen, um die Entwicklung neuer Proteine und Therapeutika zu beschleunigen.
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Sprachmodelle und generative KI-Dienste

Nvidia stellte auf der GTC 2023 seine neuen generativen KI-Cloud-Services vor, welche die Entwicklung neuer Proteine und Therapeutika sowie die Forschung in den Bereichen Genomik, Chemie, Biologie und Molekulardynamik beschleunigen sollen. Das neue BioNeMo Cloud-Serviceangebot beschleunigt die zeitaufwendigsten und kostspieligsten Phasen der Arzneimittelforschung durch vortrainierte KI-Modelle und hilft den Forschern beim Aufbau von KI-Pipelines für die Arzneimittelentwicklung. Es ermöglicht die eigene Modell-Optimierung mit proprietären Daten und die Ausführung von KI-Modell-Inferenzen über Webbrowser oder Cloud-APIs. Generative KI-Modelle sind in der Biomedizin in der Lage, potenzielle Moleküle für Medikamente schnell zu identifizieren, können die 3D-Struktur eines Proteins vorhersagen sowie die Dockingfähigkeit eines Moleküls an ein Zielprotein bewerten. Die durchschnittliche Erfolgsquote in der Arzneimittelentwicklung liegt derzeit bei 10 %. Generative KI, die große Sprachmodelle nutzt, kann dazu beitragen, die Erfolgschancen in kürzerer Zeit bei geringeren Kosten zu erhöhen.

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Bild 3. Das intelligente Endoskopiemodul GI Genius von Medtronics ist das erste FDA-zertifizierte Medizingerät, das Nvidia Healthcare und Edge-AI integriert.
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KI-integrierte Koloskop von Medtronic

Medtronic und sein Zulieferer Cosmo Pharmaceuticals werden in Zusammenarbeit mit Nvidia das erste KI-unterstützte und von der FDA zugelassene Koloskopie-Gerät auf den Markt bringen. GI Genius soll helfen, Polypen besser zu erkennen, die zu Darmkrebs führen. In klinischen Tests erkannten Ärzten über das KI-integrierte Medizingerät bereits 50 % mehr Läsionen als bisher. Mit der Integration von Nvidia Clara in das intelligente Endoskopie-Modul will Medtronic KI-Algorithmen für Echtzeitverfahren skalieren und mit neuen KI-Methoden für eine bessere Patientenversorgung sorgen. Dazu beabsichtigt Medtronic auch Nvidia Holoscan - eine Echtzeit-KI-Computing-Softwareplattform für die Entwicklung medizinischer Geräte - und NVIDIA IGX, eine industrietaugliche Edge-KI-Hardwareplattform, in GI Genius zu integrieren, um Ärzte mit KI-gestützten Diagnosebildern zu unterstützen. Die ersten GI-Genius-Systeme mit NVIDIA-Technologie werden noch in diesem Jahr verfügbar sein.

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Bild 4. Das Tokyo-1-Projekt von Mitsui enthält einen Nvidia DGX KI-Supercomputer, der die japanische Pharmaindustrie mit generativer KI in der Arzneimittelentwicklung unterstützen soll.
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Supercomputer für neue Medikamente

Mitsui, eines der größten Unternehmen Japans, arbeitet mit Nvidia am Projekt Tokyo-1. Die Initiative soll der pharmazeutischen Industrie helfen, mit einem neuen Nvidia-DGX-KI-Supercomputer an neuen Arzneimitteln zu forschen. Das Projekt bietet Unternehmen und Start-Ups Zugang zu NVIDIA DGX H100-Knoten, welche u.a. Molekulardynamik-Simulationen, das Training großer Sprachmodelle, Quantenchemie sowie generative KI-Modelle, die neuartige molekulare Strukturen für potenzielle Medikamente erzeugen, und mehr unterstützen. Benutzer von Tokyo-1 können auch große Sprachmodelle für Chemie-, Protein-, DNA- und RNA-Datenformate über die NVIDIA BioNeMo Drug Discovery Software nutzen.

Die Clara KI-Plattform

Auf der GTC 2023 präsentierte Nvidia auch die neuesten Fortschritte seiner Clara-Plattform und zeigte stolz, wie Healthcare-Unternehmen und Forscher bereits heute mit der Software und den angeschlossenen Diensten entwickeln, integrieren und übernehmen, um die Entwicklung neuer medizinischer Geräte, Arzneien, Genomik und Bildgebung zu beschleunigen. NVIDIA Clara ist eine Suite von Software und Diensten, das Ökosystem umfasst BioNeMo für die Wirkstoffforschung, Holoscan für medizinische Geräte, Parabricks für die Genomik und Monai als Standard für die medizinische Bildgebung. Mit Nvidia Clara haben MedTech-Forscher und Unternehmen kürzlich Blaupausen für zwei neuartige Proteine ​​mit BioNeMo erstellt, eine neuartige Operation mit Holoscan durchgeführt und Monai-basierte Lösungen in der Radiologie bereitgestellt.

Nieren-OP mit Holoscan

Millionen medizinischer Geräte werden täglich in Krankenhäusern eingesetzt, um robotergestützte Operationen, Strahlentherapie, CT-Scans und mehr zu ermöglichen. Nvidia Holoscan – eine skalierbare, softwaredefinierte KI-Computing-Plattform zur Verarbeitung von Echtzeitdaten am Edge – beschleunigt diese Geräte, um die für KI in einem klinischen Umfeld erforderlichen Inferenzen mit geringer Latenz zu liefern.

In einem wegweisenden Schritt brachten Ärzte des belgischen Chirurgie-Trainingszentrums ORSI erstmals Nvidia Holoscan in den Operationssaal, um eine robotergestützte Operation durchzuführen. Im Onze-Lieve-Vrouw-Krankenhaus entfernten Urologen erfolgreich die Niere des Patienten mit dem da Vinci-Chirurgiesystem. Sie nutzen dabei CT-Bilder der Patientenanatomie als Augmented-Reality-Überlagerung, welche in Echtzeit und mit KI gerendert sowie über Holoscan angereichert wurde. Die Videoeinblendung ermöglichte es den Chirurgen, die Gefäß- und Gewebestrukturen des Patienten, die während des Eingriffs durch die chirurgischen Instrumente verdeckt waren, deutlich zu sehen und präziser zu operieren.

Moderne Medizintechnik ohne Nvidia?

Für Nvidia ist Medizintechnik und Healthcare ein klarer Wachstumsmarkt: Auf der GTC 2023 wurde erneut deutlich, wie tief das Unternehmen technologisch bereits heute MedTech-Anwendungen durchdrungen hat und wie neue Technologien und Partnerschaften die Branche weiter prägen sowie die Forschung, Diagnose und Behandlung von Krankheiten voranbringen sollen. Wer den Keynotes und Branchen-Talks zuhört, könnte fast den Eindruck gewinnen, dass medizinischer Fortschritt ohne Komponenten und Dienste von Nvidia undenkbar werden soll. (uh)

Nvidia im HealthCare-Bereich

Medizinische Bildgebung: Besonders schnelle und performante Med-GPUs und KIs von Nvidia helfen, die Analyse von medizinischen Bildern, vor allem in der Radiologie, zu verbessern. Dies ermöglicht eine schnellere und genauere Diagnose von Krankheiten wie Krebs, Alzheimer und anderen neurodegenerativen Erkrankungen. Das Unternehmen hat Partnerschaften mit MedTech-Geräteherstellern wie Siemens Healthineers und Canon Medical geschlossen, um seine Technologie in der medizinischen Bildgebung zu integrieren.

Medikamenten-Forschung: Nvidia beschleunigt mit seinen GPUs und KI-Anwendungen auch die Arzneimittelentwicklung – es arbeitet mit verschiedenen Pharmaunternehmen zusammen, um die Entdeckung neuer Wirkstoffe zu beschleunigen und die Wirksamkeit von bereits vorhandenen Medikamenten zu verbessern.

Personalisierte Medizin: Nvidia hat die Clara-Plattform entwickelt, die KI und ML nutzt, um personalisierte Medizin zu ermöglichen. Die Plattform unterstützt Forschende bei der Auswertung großer Datensätze, kann Daten aus verschiedenen Quellen sammeln, analysieren und zielgerichteten Diagnose und Behandlung von Patienten verbinden.

Genomik: Bei der Sequenzierung des menschlichen Genoms können durch den Einsatz von GPUs Genomdaten schneller und effizienter analysiert werden. Das führt zu schnelleren Diagnosen und hilft bei der Entdeckung und Evaluation neuer, bisher unbekannter Behandlungsmethoden.

Robotik in der Chirurgie: Nvidia arbeitet mit medizinischen Robotik-Anbietern wie Intuitive Surgical zusammen, um KI in robotischen chirurgischen Systemen zu integrieren. Die Kombination soll chirurgische Eingriffe präziser und sicherer gestalten, wie auch Operationszeiten verkürzen.


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