Merck/B. Braun

Neurostimulatoren für die gezielte Behandlung

29. Juni 2021, 14:43 Uhr | Merck/B. Braun
Die Plattform ermöglicht eine selektive Stimulation des Vagusnervs und setzt neue Maßstäbe in der Behandlung chronischer Erkrankungen.
© Neuroloop

Merck und B. Braun kooperieren bei Entwicklung von bioelektronischen Geräten

Merck hat heute eine Kooperationsvereinbarung in seinem neuen Innovationsfeld Bioelectronics mit dem in Freiburg ansässigen Frühphasen-Start-up Neuroloop des B. Braun-Konzerns bekannt gegeben. B. Braun SE mit Firmensitz in Melsungen ist einer der weltweit führenden Hersteller von medizintechnischen und pharmazeutischen Produkten. Im Rahmen der Partnerschaft soll ein Neurostimulator als zusätzliche Therapieoption zu den bestehenden Arzneimitteln für Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen entwickelt werden.

Während medikamentöse Behandlungen häufig mit einem breiten Spektrum an systemischen Wirkungen einhergehen, können bioelektronische Geräte durch die selektive Nervenstimulation spezifische lokale Therapieeffekte bewirken. Um eine gezielte Behandlung von chronischen Entzündungskrankheiten zu ermöglichen, wollen die Partner die Neurostimulationsplattform von Neuroloop adaptieren.

Erste Daten bis Ende 2022

»Bioelektronische Geräte zeigen ein vielversprechendes Potenzial für die Verbesserung des Therapieergebnisses und der Behandlungseffizienz bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen. Durch die Kombination unserer Expertise in den Bereichen Elektronik, Medikamente und Wirkstofftransport mit den Neurostimulationstechnologien von B. Braun und neuroloop wollen wir neuartige Therapiemodalitäten schaffen, um die Qualität der Versorgung von Patienten mit unterschiedlichen chronischen Erkrankungen zu verbessern«, sagte Belén Garijo, Vorsitzende der Geschäftsleitung von Merck.

Das Start-up  bringt sein technologisches Fachwissen auf dem Gebiet der selektiven Neurostimulatoren in die Kooperation ein und Merck ergänzt diese um seine Schlüsselkompetenzen in den Bereichen Materialwissenschaft, In-vivo-Pharmakologie sowie Qualität, Zulassung und Klinik auf dem Gebiet der chronischen Entzündungserkrankungen. Erste Daten werden bis Ende 2022 erwartet und anschließend für die Evaluierung einer klinischen Strategie zum Nachweis der Sicherheit und Wirksamkeit bei Patienten verwendet. Nach Abschluss der Entwicklung wird die Zulassung in Schlüsselmärkten wie der EU und den USA angestrebt.

Modulierung von Nervensignalen

»Zu den großen Herausforderungen im Bereich der Bioelektronik zählen die Identifizierung von krankheitsspezifischen neuronalen Signalmustern und die anschließende Modulierung dieser Nervensignale durch Stimulation«, sagt Michael Lauk, Vorsitzender der Geschäftsführung von Neuroloop. Durch die Bündelung der präklinischen und klinischen Expertise von Merck mit der Plattform für die selektive Mehrkanalstimulation sei man sehr gut positioniert, die entscheidenden Herausforderungen potenziell lösen und Patienten mit chronischen Entzündungskrankheiten eine neurostimulatorische Behandlung anbieten zu können.

Neuartige bioelektronische Geräte können nicht nur zur Stimulation eingesetzt werden, sondern auch zur Überwachung des Erkrankungszustands. Die Verknüpfung von Nervensignalen mit anderen zugänglichen physiologischen Daten kann zu einem ganzheitlichen Verständnis von Krankheiten beitragen. Neuroloop entwickelte eine programmierbare Plattform, mit der sich der Vagusnerv stimulieren lässt und dadurch chronische Erkrankungen behandelt werden können, bei denen Vitalfunktionen vom autonomen Nervensystem kontrolliert werden.

Kern der Plattform ist eine auf Dünnfilm-Technologie basierende Manschetten-Elektrode mit mehreren Kanälen, die es erlaubt, selektiv spezifische Fasern des Nervs zu stimulieren. Der Fokus liegt dabei nicht nur auf herausragender klinischer Wirksamkeit, sondern auch auf höchstmöglicher Sicherheit und geringen Nebenwirkungen für den Patienten, und einer einfachen Anwendung für die Behandelnden.

Healthcare meets Electronics

Die Vereinbarung über die gemeinsame Entwicklung stelle einen Meilenstein für das neue Innovationsfeld Biolectronics von Merck dar, in das die Erfahrung und das Know-how aus den Unternehmensbereichen Healthcare und Electronics einfließen. Einem ganzheitlichen Ansatz folgend entwirft und entwickelt Merck Medikamente sowie Medizingeräte, die eine kontinuierliche Versorgung der Patienten über die reine Therapie hinaus ermöglichen.

Das Unternehmen aus Darmstadt blickt auf eine lange Tradition in den Therapiegebieten Neurologie und Immunologie und verfügt im Besonderen über tiefgreifende Erfahrung in der Forschung und Entwicklung sowie Vermarktung. Dieses Know-how wird zur erfolgreichen Entwicklung von Medizingeräten der nächsten Generation beitragen. Das gemeinschaftliche Innovationsprojekt im Bereich Bioelektronik wird im Merck Innovation Center vorangetrieben, in dem gänzlich neue Geschäfte und Technologien innerhalb und jenseits des aktuellen Portfolios des Unternehmens – auch bereichsübergreifend – auf den Weg gebracht und Menschen, Technologien und Fähigkeiten intern wie extern zusammengebracht werden sollen.

Für B. Braun und Neuroloop liegt der Nutzen der Partnerschaft im erweiterten Spektrum an Indikationen, bei denen ihr Medizingerät zum Einsatz kommen könnte. Dies unterstreicht auch den Plattformcharakter ihres voll programmierbaren Stimulationssystems, da mit ein und demselben Gerät durch Anpassung von Software und Stimulationsmuster verschiedene chronische Erkrankungen behandelt werden können.

Lesetipp: Die bioelektronische Medizin verspricht Behandlungserfolge, auch dann noch, wenn Medikamente nicht mehr wirken. Zunutze macht sie sich dabei den Körper selbst. Außer Verbesserungen soll der Patient so gut wie nichts davon mitbekommen – Elektroschocks ganz ohne Nebenwirkungen? mehr

(me)


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