4D-Hirnchirurgie

Simulation bringt Durchbruch bei Aneurysmen

19. Januar 2021, 9:10 Uhr | Inselspital, Universitätsspital Bern
4D-Simulator mit einem patientenspezifischen Kopfmodell, um die komplexe Hirnaneurysma-OP zu trainieren.
© SurgeonsLab

4D-Modell erlaubt Planung, Erprobung und Optimierung von Hirnoperationen

Etwa 2 von 100 Erwachsenen tragen Aneurysmen, ballonartige Erweiterungen von Hirnarterien, sehr oft ohne etwas davon zu spüren. Je nach Größe und Stabilität besteht das Risiko, dass ein Aneurysma reißt und es zu einer Hirnblutung kommt. Die neurochirurgische Entfernung von Hirn-Aneurysmen ist aufgrund ihrer Lage und Ausprägung sehr anspruchsvoll. Eine sorgfältige Abwägung des Risikos einer Ruptur gegen die Risiken eines Eingriffes ist notwendig. Fehler während der Operation sind zwar selten, können aber weitreichende Folgen haben. Eine Minimierung der Risiken eines Eigriffes hat deshalb höchste Priorität.

Planen und Üben am 4D-Simulator des konkreten Falls

Ein Team von Fachleuten aus der Neurochirurgie und der Interventionellen Neuroradiologie des Inselspitals hat zusammen mit dem Artorg-Center der Universität Bern ein komplett neues 4D-Simulationssystem zur Schulung von Clipping (Aneurysma abklemmen) und Coiling (Aneurysma ausfüllen) entwickelt.

Der Simulator bietet eine realistische optische und haptische Übungsmöglichkeit an einer 3D-Print-Kopie des Schädels, des Hirns und neu der Blutbahnen des Patienten beziehungsweise der Patientin. Die Fachleute finden im Simulator 1:1 die Situation vor, die sich ihnen später während der realen Operation stellen wird. Weltweit einzigartig sei die Erweiterung auf eine 4D-Simulation indem die Blutbahnen mit Puls und Blutfluss auch die zeitlichen Aspekte korrekt simulieren.

Der 4D-Simulator wird sowohl für die Planung des Eingriffs wie auch für Echtzeitübungen am konkreten Fall eingesetzt. Dadurch können Risiken durch Komplikationen gesenkt werden. Das neue 4D-System erhielt bereits mehrere Auszeichnungen, unter anderem den Ypsomed-Innovationspreis 2021.

Schulung und messbare Effizienz dank 4D-Simulator

Der 4D-Simulator bietet neue Dimensionen der Aus- und Weiterbildung von neurochirurgischen und neuroradiologischen Fachleuten. Ärztinnen und Ärzte können sowohl in der fachärtztlichen Ausbildung, wie auch bei späteren vertiefenden Expertenkursen am 4D-Simulator arbeiten und völlig neuartige Erfahrungen sammeln. Speziell im Umfeld von Schulungen kommt dann noch die Möglichkeit hinzu, die Leistungen der Operateure untereinander zu quantifizieren und zu vergleichen. Ein erster solcher Kurs ist für den Sommer 2021 in Bern geplant.

Weiterentwicklung mithilfe von KI

Der Neurochirurg Dr. David Bervini und der Biomechanik-Ingenieur und PhD-Kandidat Fredrick Johnson Joseph stehen im Begriff das Start-up-Unternehmen »SurgeonsLab« zu gründen. Das Unternehmen wird die Produktion und Weiterentwicklung des 4D-Simulators übernehmen und neue Produkte sowie Dienstleistungen in der Hirnchirurgie entwickeln. Die beiden Gründer können sich dabei auf ein Unterstützerteam verlassen, in dem unter anderen auch Prof. Dr. med. Andreas Raabe und Prof. Dr.-Ing. Stefan Weber mitmachen. Künftige Weiterentwicklungen werden für den Einbezug Künstlicher Intelligenz (KI) und der Robotik sorgen. (me)


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