Corona-Impfstoff

Biontech veröffentlicht vielversprechende Daten

10. November 2020, 8:25 Uhr | Biontech/Pfizer
Als erste westliche Hersteller haben Biontech und Pfizer vielversprechende Ergebnisse veröffentlicht.
© Friso Gentsch/dpa

Erfreuliche Ergebnisse - mit offenen Fragen

Erstmals gibt es zu einem für Europa maßgeblichen Corona-Impfstoff Zwischenergebnisse aus der für eine Zulassung entscheidenden Studienphase. Das Mainzer Unternehmen Biontech und der Pharmakonzern Pfizer teilten am Montag mit, ihr Impfstoff biete einen mehr als 90-prozentigen Schutz vor der Krankheit Covid-19. Schwere Nebenwirkungen seien nicht registriert worden. Die Unternehmen wollten voraussichtlich ab der kommenden Woche die Zulassung bei der US-Arzneimittelbehörde FDA beantragen.

In der Studie wurden demnach bis Sonntag insgesamt 94 Fälle der Krankheit bestätigt. Die Ergebnisse werden den Angaben zufolge erst dann abschließend ausgewertet, wenn insgesamt 164 Fälle erreicht sind. Zudem werde geprüft, in welchem Maß die Impfung nicht nur vor Covid-19 schützt, sondern auch vor schweren Verläufen der Krankheit. Insgesamt sollen sowohl die Schutzwirkung als auch etwaige Nebenwirkungen über einen Zeitraum von zwei Jahren beobachtet werden.

Der Impfstoff BNT162b2 war von Biontech im Projekt »Lightspeed« seit Mitte Januar entwickelt worden. Die für eine Zulassung entscheidende Phase-3-Studie begann ab Ende Juli in verschiedenen Ländern. Inzwischen haben mehr als 43.500 Menschen mindestens eine der beiden Impfungen bekommen, die im Abstand von drei Wochen verabreicht werden. Ein Impfschutz wird nach Angaben der Hersteller eine Woche nach der zweiten Injektion erreicht.

Für den Corona-Impfstoff gilt wegen der besonderen Dringlichkeit ein beschleunigter Zulassungsprozess. Bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA können Arzneimittelhersteller schon vor dem kompletten Zulassungsantrag einzelne Teile zu Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit eines Präparats einreichen. 

Beobachtungszeitraum zu kurz

Biontech und Pfizer rechnen damit, noch in diesem Jahr weltweit bis zu 50 Millionen Impfstoff-Dosen bereitstellen zu können, im kommenden Jahr kalkulieren sie mit bis zu 1,3 Milliarden Dosen.

So groß die Freude über die Zwischenergebnisse bei der Erprobung des Corona-Impfstoffs des Mainzer Unternehmens Biontech und des US-Pharmakonzerns Pfizer auch ist: Zu den Informationen, die bislang nur aus einer kurzen Mitteilung der Hersteller stammen, sind noch eine ganze Reihe wichtiger Fragen offen. »Ich hoffe, dass die Daten möglichst bald veröffentlicht werden, damit man sich ein genaueres Bild machen kann«, sagte Stephan Becker, Leiter des Instituts für Virologie an der Universität Marburg, der Deutschen Presse-Agentur.

Leif-Erik Sander, Leiter der Forschungsgruppe Infektionsimmunologie und Impfstoffforschung an der Berliner Charité, betonte, auch zu möglichen Nebenwirkungen lasse sich noch nicht all zu viel sagen. Zwar hätten sich nach Angaben der Unternehmen keine sicherheitsrelevanten Nebenwirkungen gezeigt. Sander verweist aber darauf, »dass der Beobachtungszeitraum für relevante Impfnebenwirkungen noch zu kurz ist«. Unklar sei auch, ob der Impfstoff in verschiedenen Gruppen - insbesondere Risikogruppen wie älteren Menschen - gleichermaßen effizient wirkt. Ebenso fehlten Angaben dazu, wie sehr die Impfung vor schweren Verläufen von Covid-19 schütze. »Zudem muss sich zeigen, wie lange der Impfschutz anhält.«

Unerwartet hohe Impfeffizienz

Sollte sich die hohe Wirksamkeit von mehr als 90 Prozent bestätigen, »wäre dies eine unerwartet hohe Impfeffizienz«, so Sander. Viele routinemäßig eingesetzte Impfstoffe wie etwa gegen Influenza erreichten keine so hohen Werte. «Dies ist umso erstaunlicher, als mit der mRNA-Technologie noch nie ein Impfstoff zugelassen wurde.»

Das Biontech-Präparat ist ein sogenannter RNA-Impfstoff, der auf einem bislang völlig neuen Mechanismus basiert. Er enthält genetische Informationen des Erregers, aus denen der Körper ein Viruseiweiß herstellt - in diesem Fall das Oberflächenprotein, mit dessen Hilfe das Virus in Zellen eindringt. Ziel der Impfung ist es, den Körper zur Bildung von Antikörpern gegen dieses Protein anzuregen, um die Viren abzufangen, bevor sie in die Zellen eindringen und sich vermehren.

Auch Clemens Wendtner von der München Klinik Schwabing zeigte sich überrascht von der hohen Wirksamkeit, die Biontech und Pfizer mit über 90 Prozent angeben. »Dies ist bemerkenswert, da viele laufende Impfstudien zu Covid-19 derzeit lediglich eine Erfolgsquote von mindestens 50 Prozent voraussetzen.« Auch die US-Zulassungsbehörde FDA hatte eine Wirksamkeit von 50 Prozent als Mindestwert für eine mögliche Zulassung festgelegt.

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(dpa/me)


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